Während sich das Team Visma - Lease a Bike auf die E3 Saxo Bank Classic vorbereitet, hat Rennleiter Grischa Niermann eine ehrliche Einschätzung zur aktuellen Form seines Teams abgegeben. Die Konkurrenz ist in diesem Frühjahr so stark wie selten zuvor, allen voran Tadej Pogacar und Mathieu van der Poel, die bei Mailand-Sanremo eindrucksvoll dominiert haben. Im direkten Vergleich mit diesen Ausnahmekönnern sieht Niermann seine Mannschaft aktuell nicht in der Favoritenrolle. Doch er ist überzeugt, dass Wout Van Aert, Matteo Jorgenson und Co. bereit sind, um den Sieg mitzukämpfen.
„Wir wissen, dass unsere Männer in guter Form sind. Wir gehen davon aus, dass sie bereit sind, sich mit Pogacar und van der Poel zu messen“, sagte Niermann gegenüber Wielerflits. „Aber es ist auch klar, dass sie im Moment die Top-Favoriten sind – und wir sind es nicht.“ Dennoch bleibt Visma optimistisch, in den kommenden Wochen bei den großen Klassikern eine entscheidende Rolle zu spielen.
Bei Mailand-Sanremo hatte das Team auf einen Sprint für Olav Kooij gesetzt, doch dieser Plan scheiterte, als Pogacar, van der Poel und Filippo Ganna an der Cipressa attackierten. Kooij und der Großteil des Pelotons hatten keine Chance, der Tempoverschärfung zu folgen. „Man konnte deutlich sehen, dass die drei besten Fahrer im Rennen vorne waren. Ihre Leistung war beeindruckend, aber nicht so übermächtig, wie ich es erwartet hatte“, erklärte Niermann.
Einer der größten Hoffnungsträger für Visma ist Matteo Jorgenson, der gerade seinen zweiten Sieg bei Paris-Nizza in Folge gefeiert hat. „Matteo ist in einer sehr guten Position, vielleicht sogar besser als im letzten Jahr“, so Niermann. „Er ist älter, stärker und hoffentlich auch erfahrener geworden.“
Gleichzeitig beginnt für Wout Van Aert mit der E3 Saxo Bank Classic die heiße Phase der Frühjahrskampagne. Nach einem intensiven Trainingsblock ohne Renneinsätze wird sich nun zeigen, wo er im Vergleich zur Konkurrenz steht. „Wout hat genau den Trainingsblock absolviert, den wir geplant hatten. Wir wissen, dass er gut in Form ist – aber bei ihm können wir es noch nicht genau einschätzen, weil er noch kein wirkliches Rennen gefahren ist“, räumte Niermann ein. „Im Training kann man zwar gute Werte sehen, aber das sagt noch nichts darüber aus, ob man auch Rennen gewinnt.“
Van Aerts eher durchwachsene Vorstellung beim Eröffnungswochenende ließ einige Fragen aufkommen. „Natürlich wäre es ihm lieber gewesen, dort besser abzuschneiden. Aber das wussten wir vorher“, so Niermann. „In den letzten Jahren haben wir von Omloop het Nieuwsblad bis zur Flandern-Rundfahrt alles dominiert. Dieses Jahr sieht es anders aus. Jetzt müssen wir die kommenden zweieinhalb Wochen nutzen, um auf den Punkt fit zu sein.“
Die E3 Saxo Bank Classic sieht Visma nicht nur als Vorbereitung auf die Ronde und Roubaix, sondern als eigenständiges Ziel. „Wir haben vier sehr starke Fahrer für diese Rennen. Mit Visma - Lease a Bike versuchen wir immer, als Team aus der Gruppe heraus zu gewinnen. Wer am Ende vorn ist, ist für uns zweitrangig – solange wir um den Sieg kämpfen.“
Dennoch sei das Rennen am Freitag nicht das einzige Barometer für die gesamte Klassikersaison. „Wenn wir hier nicht auf dem Podium stehen, bedeutet das nicht automatisch, dass wir in De Ronde keine Chance haben. Aber es wäre natürlich gut, wenn wir am Freitag im Finale mit mehreren Fahrern präsent sind“, erklärte Niermann. „Die E3 Saxo Bank Classic ist ein großes Rennen für sich. Wir wollen hier um den Sieg mitfahren – unabhängig davon, was das für die Flandern-Rundfahrt oder Paris-Roubaix bedeutet.“
Sein Ziel ist klar: Visma will sich nicht mit einer Statistenrolle begnügen. „Ich würde mir wünschen, dass wir als Team im Finale eine entscheidende Rolle spielen. Und zwar nicht nur mit einem Fahrer, sondern als geschlossene Einheit. So wollen wir das Rennen fahren. Was das am Ende für ein Ergebnis bringt, werden wir auf der Zielgeraden sehen.“