„Ich habe es langsam satt, erdrückt zu werden“ – Alex Baudin über den lähmenden Pogacar-Effekt

Radsport
Sonntag, 19 Oktober 2025 um 12:30
TadejPogacar
Alex Baudin ist kein direkter Rivale von Tadej Pogacar, doch die Präsenz des slowenischen Superstars spürt er in nahezu jedem Rennen. Wie viele andere Fahrer empfindet auch der 24-jährige Franzose den „Pogacar-Effekt“ zunehmend als belastend – vor allem, weil er den Ausgang vieler Rennen schon im Voraus zu bestimmen scheint.
„Ehrlich gesagt ist es am Anfang komisch. Aber dieses Jahr war mein Kalender leider sehr ähnlich wie der von Pogacar“, erklärte Baudin gegenüber DicoduSport. „Und ohne defätistisch zu klingen – sonst würden wir ja gar nicht antreten – wissen wir sehr wohl, was im Finale passieren wird. Er hat zwei Etappen Vorsprung vor allen anderen. Im Peloton haben viele langsam die Nase voll davon, zerquetscht zu werden.“
Baudin spricht damit aus, was viele im Fahrerfeld denken, aber selten öffentlich äußern. Er selbst bekam Pogacars Dominanz bei der ersten Bergetappe des Critérium du Dauphiné deutlich zu spüren. Nach einem langen Soloangriff wurde er im Schlussanstieg nach Combloux von der UAE-Mannschaft eingeholt – just in dem Moment, als Pogacar seinen nächsten Machtsieg einfuhr.
„Es war die leichteste der drei Bergetappen, und trotzdem wurden dort Minuten gewonnen“, erinnert sich Baudin. Für ihn war das ein Sinnbild der Übermacht des Weltmeisters. „Natürlich ist es für die Zuschauer großartig, wenn jemand schon 100 Kilometer vor dem Ziel angreift. Aber es tötet auch die Spannung. Pogacar macht das Rennen ein bisschen kaputt. Jedes Mal, wenn er da ist, jagen alle nur noch dem zweiten Platz hinterher.“

Hochs und Tiefs vor der Tour de France

Trotz dieser Herausforderungen blickt Baudin positiv auf seine Saison zurück. „Wir hatten eine tolle Gruppe, und die Tour de France war eine unglaubliche Erfahrung“, sagt er. „Wenn ich daran denke, fühlt es sich fast unwirklich an.“ Die Vorbereitung in der Höhe vor dem Dauphiné zahlte sich für ihn aus. „Ich arbeite nach solchen Trainingslagern immer sehr gut, und bei der Dauphiné hatte ich eines meiner besten Rennen in diesem Jahr. Vielleicht hätte ich sogar eine Etappe gewonnen, wenn UAE nicht so konsequent nachgesetzt hätte.“
Bei der Tour de France selbst lief es dagegen weniger rund. Nur wenige Etappen wurden von Ausreißern entschieden – eine schlechte Nachricht für offensive Fahrer wie Baudin. „Mein Niveau begann gleich zu Beginn der Tour zu sinken“, erklärt er. „Dazu kam ein kleiner Virus, nichts Ernstes, aber es hat mich einfach gebremst.“
Dennoch hat der Franzose, der in diesem Frühjahr kurzzeitig die Tour de Romandie anführte, große Pläne. „Ich träume davon, eine Etappe der Tour de France zu gewinnen. Egal welche – es wäre unglaublich prestigeträchtig.“

Lob für Landsmann Paul Seixas

Zum Schluss findet Baudin lobende Worte für eines der größten französischen Talente, Paul Seixas. „Es ist beeindruckend, so einen jungen Fahrer zu sehen“, sagt er. „Er hat schon jetzt einen klaren Kopf und ist sehr reif für sein Alter. Ich denke, er hat das gewisse Etwas eines großen Champions. Ich glaube wirklich, dass er ein großer Name im Radsport werden und seine Spuren in der Geschichte des französischen Radsports hinterlassen wird.“
tadej pogacar paul seixas remco evenepoel
Paul Seixas auf dem Podium der Europameisterschaft im Straßenrennen. @Sirotti
Baudins Worte zeigen: Zwischen Bewunderung, Frust und Hoffnung bewegt sich eine Generation französischer Fahrer, die sich in der Ära Pogacar behaupten will – und dennoch von neuen Talenten wie Seixas beflügelt wird.
Klatscht 0Besucher 0
loading

Gerade In

Beliebte Nachrichten

Loading