Demi Vollering-Transfer: Treffer oder Fehlschlag? | FDJ-Leaderin dominiert die Saison, doch das Gelbe Trikot bleibt aus

Radsport
Montag, 10 November 2025 um 15:00
DemiVollering
Demi Vollering gehörte schon seit Jahren zu den besten Fahrerinnen im Peloton. Beim Team SD Worx – ProTime wurde sie zum Gesicht des modernen Frauenradsports. Als Ende 2024 ihre Trennung vom niederländischen Top-Team bekannt wurde, war die Überraschung groß. Zusammen mit Marlen Reusser wechselte sie zu einem direkten Rivalen – ein Schritt, der die Frauen-Szene erschütterte. Bei FDJ – Suez sollte die Niederländerin endlich das sein, was ihr zuvor verwehrt blieb: unangefochtene Anführerin. Doch hat sich dieser Schritt gelohnt?

Der Bruch mit SD Worx

Vollering war 2021 zu SD Worx gewechselt, nachdem sie bereits in jungen Jahren mit starken Ergebnissen überzeugt hatte. Der Transfer entpuppte sich schnell als Glücksgriff. Schon im ersten Jahr gewann sie Lüttich–Bastogne–Lüttich, La Course by Le Tour de France und die Women’s Tour. Danach folgte ein Titelregen: zwei Siege bei der Itzulia Women, ein Triumph bei der Vuelta Femenina, zwei weitere in Lüttich, dazu Strade Bianche Donne und schließlich der Gesamtsieg bei der Tour de France Femmes.
Innerhalb weniger Jahre stieg Vollering zur dominierenden Kletterin des Frauenradsports auf. Während Lorena Wiebes die Sprints dominierte und Lotte Kopecky bei den Klassikern glänzte, war Vollering das Gesicht der großen Rundfahrten. Doch genau diese geballte Qualität sorgte im Team zunehmend für Spannungen. Denn in einem Kader voller Stars ist es schwer, einer Fahrerin die volle Kapitänsrolle zu geben.
Das zeigte sich besonders bei der Tour de France Femmes 2024. Vollering, als Titelverteidigerin gestartet, stürzte auf den letzten Kilometern einer unscheinbaren Etappe und brach sich das Steißbein. Danach brach die Teamdynamik auseinander: Trotz der Verletzung wartete niemand aus dem SD Worx-Zug auf sie. Vas und Wiebes setzten ihr Rennen fort – Vas gewann sogar die Etappe. Vollering erreichte das Ziel mit blutverschmiertem Gesicht und fast zwei Minuten Rückstand. Am Ende verlor sie die Tour mit nur vier Sekunden Rückstand auf Katarzyna Niewiadoma – ein Rückschlag, der vermeidbar gewesen wäre. Das „Haifischbecken SD Worx“ war plötzlich eher Bürde als Vorteil.

Ein Neuanfang bei FDJ – Suez

Der Wunsch nach klarer Führung war verständlich. Vollering unterschrieb einen Dreijahresvertrag bei FDJ – Suez. Das französische Team bot ihr nicht nur einen lukrativen Vertrag mit Sponsoren wie Specialized und Nike, sondern auch eine starke sportliche Basis mit Juliette Labous, Évita Muzic und Elise Chabbey.
Der Start verlief vielversprechend: Gleich im Frühjahr gewann sie Strade Bianche Donne. Danach fehlten zwar weitere Siege auf WorldTour-Niveau, doch ihre Konstanz blieb beeindruckend. Bei den großen Rundfahrten zeigte sie wieder ihre Klasse. Vollering gewann die Vuelta Femenina vor ihrer früheren Rivalin Marlen Reusser und Ex-Teamchefin Anna van der Breggen, nun Sportdirektorin bei SD Worx. Es folgten Siege bei der Itzulia Women und der Volta a Catalunya. Nur der zweite Platz hinter Reusser bei der Tour de Suisse trübte kurzzeitig die Bilanz.

Tour de France Femmes: Zwischen Anspruch und Realität

Mit der Tour de France 2025 wollte Vollering endgültig beweisen, dass sie auch ohne SD Worx gewinnen kann. Doch das Rennen nahm einen anderen Verlauf. Reusser und Longo Borghini schieden früh aus, Kopecky war nicht in Form – der Weg zum Sieg schien frei. Doch dann kam Pauline Ferrand-Prévot. Auf der Königsetappe zum Col de la Madeleine fuhr die Französin in einer anderen Liga und nahm Vollering über drei Minuten ab.
Die Niederländerin kämpfte sich am Schlusstag zwar noch auf Rang zwei zurück, profitierte von einem Fehler der Australierin Sarah Gigante in der Abfahrt, doch der Rückstand auf Ferrand-Prévot war zu groß. Ein zweiter Platz, der sportlich stark war, emotional aber wie eine Niederlage wirkte.

Konstanz als neue Stärke

Auch bei der WM in Kigali blieb Vollering hinter den Erwartungen zurück. Im chaotischen Finale ging der Sieg an die Kanadierin Magdeleine Vallière. Vollering wurde Siebte – solide, aber nicht glänzend. Dennoch beendete sie die Saison mit einem Erfolgserlebnis: Bei der Europameisterschaft in Drôme-Ardèche griff sie weit vor dem Ziel an und gewann den Titel in überlegener Manier.
Dieser Sieg war sinnbildlich für ihr Jahr: keine totale Dominanz, aber unerschütterliche Stärke. Vollering blieb von Februar bis Oktober konstant in Form, gewann mehrere Etappenrennen und war in fast allen großen Wettbewerben vorn dabei. Sie sammelte mehr UCI-Punkte als jede andere Fahrerin – ein Beweis ihrer außergewöhnlichen Beständigkeit.

Fazit: Erfolg mit Abstrichen

Demi Vollerings Wechsel zu FDJ – Suez war ein Risiko – und eine Befreiung. Sie gewann wieder große Rennen, hatte ein starkes Team hinter sich und bewies, dass sie auch ohne das Superteam von SD Worx dominieren kann. Doch der ganz große Triumph, der ihre Karriere neu definiert hätte, blieb aus.
Vielleicht ist das Urteil deshalb zwiespältig: sportlich ein Erfolg, emotional aber unvollendet. Vollering hat bewiesen, dass sie allein an der Spitze stehen kann – doch der Platz ganz oben auf dem Podium der Tour de France bleibt ihr großes, unerfülltes Ziel.
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