Primož Roglič steht vor einer Saison voller Veränderungen. Bei Red Bull – BORA – hansgrohe hat sich das Machtgefüge verschoben: Mit Florian Lipowitz und Remco Evenepoel sind zwei neue Stars hinzugekommen, deren Ambitionen die Teamhierarchie neu ordnen könnten. Der slowenische Routinier, einst unangefochtener Kapitän, weiß, dass seine Rolle 2026 neu definiert werden muss – doch aufgeben will er noch lange nicht.
Zwischen Vergangenheit und Neuanfang
Die vergangene
Tour de France war für Roglič ein Wendepunkt. Obwohl er in starker Form antrat, konnte er das Tempo der Topfavoriten nicht halten. Erst mit zwei beherzten Attacken in den Alpen und einer emotionalen Schlussetappe in Montmartre meldete er sich zurück – weniger als Podiumsanwärter, mehr als Kämpfer mit Leidenschaft.
„Es wäre ein toller Abschluss oder zumindest das Ende eines Kapitels“, sagte Roglič im Gespräch mit L’Équipe beim Saitama-Kriterium in Japan. „Aber andererseits: Wenn ich die Möglichkeit habe, die Tour zu fahren, dann will ich dabei sein. Es ist das größte Rennen der Welt – und es ist einfach cool, Teil davon zu sein.“
Die Tour bleibt das große Ziel
Roglič hat fast alles gewonnen, was es im Etappenradsport zu gewinnen gibt: den Giro d’Italia und viermal die Vuelta a España. Nur die Tour de France fehlt noch in seiner beeindruckenden Bilanz. Der Respekt vor dem Mythos ist unverändert.
„Ich liebe die Menschenmassen, die Unterstützung, dieses Gefühl, gegen die Besten der Welt anzutreten“, erklärte er. „Man zeigt dort, wer man wirklich ist. Das ist eine wunderbare Erfahrung.“
Auf die Frage, welches Rennen er sich für den letzten Sieg seiner Karriere aussuchen würde, antwortete der Slowene ohne zu zögern: „Natürlich die Tour. Jeder, der mit dem Radsport anfängt, tut das, weil er die Tour de France gesehen hat – nicht Catalunya. Ich war schon nah dran, und allein das war großartig.“
Realismus statt Rücktritt
Angesichts der Dominanz von Tadej Pogačar und Jonas Vingegaard weiß Roglič, dass ein Sieg in Frankreich immer unwahrscheinlicher wird. Beide sind in den Bergen nahezu unantastbar, seit Jahren auf einem konstanten Topniveau – zwei Gegner, die kaum Schwächen zeigen.
„Wenn man das große Ganze betrachtet, vergeht jeder Tag – man kann die Zeit nicht anhalten“, sagte Roglič nachdenklich. „Ich versuche, sie mehr zu genießen. Früher war es das Gewinnen, das mir Freude gemacht hat. Heute ist es eine andere Art von Zufriedenheit.“
Doch wer den 35-Jährigen kennt, weiß, dass Gelassenheit nicht mit Gleichgültigkeit zu verwechseln ist. „Ich muss realistisch sein. In der letzten Saison habe ich nicht viel gewonnen, also muss ich mich erst wieder in die Lage versetzen, Rennen zu gewinnen“, so Roglič. „Wenn mir das gelingt, dann wird das Team mir keine Grenzen setzen. Von Januar bis Oktober gibt es genug Gelegenheiten, um zu zeigen, dass ich es noch kann.“
Der nächste Abschnitt
Sein Fokus für 2026 ist klar: zurück zur Siegerstraße, ohne den Blick für die Realität zu verlieren. Mit Evenepoel und Lipowitz im Team wird Roglič möglicherweise nicht mehr als alleiniger Leader zur Tour fahren, doch seine Erfahrung, sein taktisches Gespür und seine mentale Stärke machen ihn weiterhin zu einem unverzichtbaren Faktor.