PRESSEKONFERENZ | Thibau Nys vor seiner ersten Tour de France: „Ich weiß nicht, wo ich im Vergleich zum Peloton stehe“

Radsport
durch Nic Gayer
Donnerstag, 03 Juli 2025 um 13:25
nys
Am Samstag gibt Thibau Nys sein Debüt bei der Tour de France – seine erste Grand Tour überhaupt. Das belgische Multitalent, bisher vor allem als Cyclocross-Star bekannt, geht für LIDL-Trek an den Start und wird im Team unter anderem Mattias Skjelmose und Jonathan Milan unterstützen. Bei der offiziellen Pressekonferenz sprach der 21-Jährige gegenüber RadsportAktuell über seine Rolle, seine Form – und die vielen Fragezeichen vor dem Start.
Frage: Wie fühlen Sie sich zwei Tage vor dem Start?
Antwort: Ich bin nicht so zuversichtlich, wie ich es mir erhofft hatte. Ich hatte einen Sturz im Höhenlager, dann ging es langsam wieder besser. Gippingen und die Belgien-Rundfahrt liefen okay, aber ich hätte dort gern mehr Selbstvertrauen getankt. Trotzdem: Wir haben alles getan, was möglich war, um bereit zu sein.
In der ersten Woche könnten Ihnen einige Etappen gut liegen.
Ja, das denke ich auch. Es wird eine verrückte, hektische erste Woche – für Sprinter, Puncheure, Ausreißer. Da ist keine Zeit zum Verschnaufen. Ich versuche, mich mental darauf vorzubereiten. Die Beine entscheiden am Ende, aber mental musst du von Anfang an da sein.

"Jeder träumt von einem Etappensieg"

Welche Etappen haben Sie konkret im Blick?
Vermutlich Etappe 6 oder 7 – wenn die Form stimmt. Ich fühle mich gut, habe hart trainiert. Aber es ist meine erste Tour. Ich weiß nicht, wie mein aktuelles Niveau mit dem des Tour-Feldes vergleichbar ist – das macht Vorhersagen sehr schwierig.
Mit welchem Ergebnis wären Sie bei dieser Tour zufrieden?
Natürlich träumt jeder von einem Etappensieg, aber ich bin realistisch. Ich möchte dem Team helfen, vielleicht selbst ein paar gute Ergebnisse holen – und am Ende in Paris ankommen. Das allein wäre schon ein Riesenerfolg.
Sie erleben Ihre erste Grand Tour. Was erwarten Sie von den drei Wochen?
Mir wurde gesagt: „Erwarte das Schlimmste“ (lacht). Es wird sicher hart – das ist mir klar. Ich bin neugierig, wie mein Körper nach drei Wochen Dauerbelastung reagieren wird. Momentan gibt es noch viele Fragezeichen.
Hilft Ihnen Ihre Erfahrung im Cyclocross in der hektischen Anfangsphase?
Ich glaube nicht. Es geht weniger um Technik als um Durchsetzungsvermögen und Positionierung im Feld – darum, scharf und präsent zu sein.
Arbeiten Sie mit einem Mentaltrainer?
Nein. Aber ich kann mich gut auf große Rennen fokussieren. Je wichtiger ein Event ist, desto besser finde ich meinen Tunnelblick. Ich muss wach sein, darf mir keine Positionsfehler leisten. Das ist die Tour, nicht die Belgien-Rundfahrt.

"Ich bin gut genug, um vorne mitzufahren"

Werden Sie die Tour auch genießen können?
Ich hoffe es – aber im Moment bin ich mehr im Vorbereitungsmodus. Vielleicht wird es in der zweiten oder dritten Woche etwas ruhiger für mich, und ich kann es mehr schätzen.
Haben Sie die Tour früher als Zuschauer erlebt?
Ja, 2016 am Mont Ventoux. Ich war mit dem Rad dort, trug ein grünes Trikot wie Tom Boonen. Damals wollte ich Cyclocrosser werden – dass ich jetzt selbst hier stehe, hätte ich nie gedacht.
Ist das Grüne Trikot irgendwann ein Ziel?
Im Moment nicht – dafür bin ich nicht der geborene Sprinter. Aber wer weiß, wie ich mich entwickle.
Welche Rolle spielen Sie im Sprintzug um Jonathan Milan?
Ich werde ihn vor dem Finale so gut wie möglich unterstützen. Im Leadout selbst sehe ich mich nicht – dafür haben wir erfahrenere Leute. Aber bis dahin bin ich dabei.
Sie werden bei der Tour gleich mit Fahrern wie van der Poel oder Van Aert konfrontiert – reizt Sie das?
Natürlich! Wenn ich gegen sie antrete, bedeutet das, dass ich gut genug bin, um vorne mitzufahren – und vielleicht sogar um einen Etappensieg mitzukämpfen. Das wäre großartig.
Warum fiel die Wahl auf die Tour und nicht auf Giro oder Vuelta?
Das Timing passt perfekt. Nach der Cyclocross-Saison kam der Giro zu früh, die Vuelta liegt zu nah an der nächsten. Und in der ersten Tour-Woche gibt es viele Etappen, die mir liegen. Es war also die logische Entscheidung.
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