Im modernen Radsport prallen Tradition und Innovation oft aufeinander.
Marc Madiot, langjähriger Teamchef von
Groupama - FDJ, steht dabei für das alte Lager. Doch auch er zeigt Respekt – besonders vor einem wie
Tadej Pogacar. Der Slowene, amtierender Weltmeister und Star des Teams UAE Team Emirates - XRG, weicht laut Madiot in vielerlei Hinsicht vom gängigen Schema ab.
„Auf dem Papier haben wir alle Zutaten für ein legendäres Rennen“, sagte Madiot im Vorfeld von Paris–Roubaix gegenüber Cyclism'Actu. „Aber Papier kann trügen – und manchmal endet genau das in einem Schlamassel.“ Er warnt davor, sich zu früh auf Prognosen zu verlassen. Zwar stehe ein außergewöhnlich starkes Fahrerfeld bereit, doch ein großartiger Start bedeutet noch lange keinen großartigen Klassiker.
Zu diesem Elitefeld zählen Tadej Pogacar, Mathieu van der Poel, Wout Van Aert, Mads Pedersen, Filippo Ganna und weitere Hochkaräter. Sie alle befinden sich in Topform und sorgen für immense Spannung vor dem Start in Compiègne. „Die Zutaten sind da, aber am Ende sind es die Fahrer, die Geschichte schreiben. Und wir sollten sie schreiben lassen – ganz einfach“, so Madiot.
Auch Groupama – FDJ ist nicht chancenlos. Mit
Stefan Küng steht ein starker Außenseiter bereit, der realistische Podiumshoffnungen hegen darf. Dennoch: Der Sieg wird schwer zu holen sein – besonders angesichts der Dominanz, mit der Pogacar und van der Poel die Frühjahrsklassiker bisher geprägt haben. „Pogacar kommt, um Spaß zu haben – das erzeugt eine besondere Spannung“, erklärt Madiot. Und er findet das erfrischend. „Es geht nicht mehr nur um Taktik, sondern um Lust und Leidenschaft.“
Der Franzose sieht Pogacars Ansatz als ein positives Signal. „Ich bin kein echter Fan, aber ich finde seine Entschlossenheit gesund und bemerkenswert“, gesteht Madiot. „Er stellt die Person und die Haltung des Fahrers in den Mittelpunkt – und das gefällt mir.“
Auch wenn seine Sympathien nicht direkt Pogacar gelten, zollt Madiot ihm Respekt. „Es ist wie bei Musikern. Ich bin eher Rolling Stones als Beatles – reine Geschmackssache. Aber seine Herangehensweise an Roubaix und Flandern zeigt, dass er nicht nur für die Tour de France lebt“, so der Teamchef weiter. Pogacar setze eigene sportliche Prioritäten – auch gegen mögliche Interessen von Sponsoren. „Er sagt: ‚Ich bin der Fahrer, ich will sehen, was Roubaix oder Flandern mit mir machen.‘ Das finde ich stark.“
Trotzdem bleibt Madiot Realist. Die Konkurrenz wird größer, der Klassiker schwieriger zu gewinnen. Doch für ihn zählt dabei vor allem eines: Konzentration – und das richtige Gespür fürs Material. „Wenn du gewinnen willst, musst du bei klarem Verstand bleiben und dein Rad schützen. Das ist das unterschätzteste Element.“
Denn eines steht für ihn fest: „Du kannst der beste Fahrer der Welt sein – aber wenn du dein Material nicht pflegst, bist du draußen. Auch Pogacar oder van der Poel können alles verlieren, wenn sie nicht aufpassen.“