Mit gerade einmal 19 Jahren lieferte
Paul Seixas bei der
Europameisterschaft eine Vorstellung, die den Beginn einer großen Karriere markieren könnte. Während Tadej Pogacar zu einem souveränen Solosieg stürmte und Remco Evenepoel Silber holte, sicherte sich Seixas auf heimischem Boden eine herausragende Bronzemedaille – ein Resultat, das Frankreichs Nationaltrainer
Thomas Voeckler sichtlich bewegte. Der frühere Tour-de-France-Held zeigte sich überzeugt, dass der Teenager das Potenzial hat, Frankreichs Zukunft im Radsport zu prägen.
„Er hat dieses Charisma, das man nicht kaufen kann“, sagte Voeckler nach dem Zieleinlauf im Val d’Enfer gegenüber DirectVelo. „Es ist kein aufdringliches Charisma – er zieht andere ganz natürlich mit und bleibt dabei so bescheiden wie möglich. Er ist ein Juwel.“
Ein Rennen der Titanen – und ein junger Franzose trotzt ihnen allen
Das Rennen war brutal in seiner Einfachheit: Pogacar griff an, Evenepoel konterte, und der Rest kämpfte um die verbliebenen Plätze. Doch Seixas ließ sich von den großen Namen um ihn herum nicht beeindrucken. Als Christian Scaroni spät versuchte, zu entkommen, reagierte der Franzose entschlossen, zog ihn mit purer Willenskraft zurück und verteidigte seine Position. Mit unbändigem Einsatz sicherte er Frankreich die erste Medaille bei den Europameisterschaften der Männer Elite seit 2021.
Stolz auf EM-Bronze: Paul Seixas
„Er hat eine typische Paul-Seixas-Leistung gezeigt“, lobte Voeckler. „Ich bin erstaunt, aber nicht überrascht – wir wissen schlicht nicht, wo seine Grenzen liegen. Neben seiner physischen Stärke beeindruckt mich vor allem sein Charakter. Er hat seine Teamkollegen mitgerissen. Da waren Pogacar und Evenepoel – und dann gab es die anderen. Unter diesen anderen hat er gewonnen.“
„Wenn Pogacar geht, siehst du ihn nicht mehr wieder“
Seixas’ Bronze war mehr als nur ein Podiumsplatz – es war ein Zeichen. An der Seite von Pogacar, Evenepoel, Ayuso, Skjelmose und Vingegaard, allesamt etablierte Grand-Tour-Sieger oder Anwärter, hielt der Teenager beeindruckend mit. Damit deutete er an, dass er schon bald um mehr als nur Nebenrollen kämpfen könnte.
Voeckler weiß, wie außergewöhnlich das ist. „Früher dachte ich, die besten Jahre eines Fahrers liegen zwischen 27 und 32“, sagte er. „Aber seit Evenepoel da ist, wissen wir, dass man auch mit 19 Weltklasse sein kann. Es gab schon frühreife Talente – aber jetzt hat Frankreich endlich eines.“
Während Pogacar vorne entschwand und Evenepoel die Verfolgung aufnahm, entschied Voeckler, Seixas nicht in die Jagd einzubinden. „Wenn Pogacar geht, siehst du ihn nicht mehr wieder“, erklärte er nüchtern. „Ob Pogacar oder Evenepoel gewinnt, ist für uns sekundär – kein französischer Fahrer kann das beeinflussen. Unser Ziel war, das bestmögliche Ergebnis für Frankreich herauszuholen.“
„Man muss ihn sein Leben leben lassen“
Die Reife, mit der Seixas diese Taktik umsetzte, beeindruckte selbst seinen Trainer. Voeckler, der weiß, wie leicht man junge Fahrer überfordert, setzt auf Vertrauen statt Kontrolle. „Ich will, dass er natürlich bleibt und sein Rennen fährt“, sagte er. „Es ist nicht meine Aufgabe, ihm zu sagen, wie man Dritter wird – dafür braucht er mich nicht. Man muss ihn sein Leben leben lassen und seinen eigenen Weg finden lassen.“
Frankreichs Hoffnungsträger
Dass Seixas schon vor seinem 20. Geburtstag mit Pogacar und Evenepoel auf dem Podium stand, wirft eine spannende Frage auf: Was ist möglich, wenn er seinen Zenit erreicht? Voeckler ist überzeugt: „Wir stecken international in einer kleinen Flaute – aber das wird sich ändern. Und ich glaube, Paul wird Teil dieser neuen Welle sein. Er entwickelt sich weiter, bleibt dabei bescheiden und ist im Kopf völlig klar.“
Für den Moment ist die Bronzemedaille sowohl Belohnung als auch Versprechen. Frankreich könnte mit Paul Seixas seinen nächsten großen Star gefunden haben – einen, der, wie Voeckler sagt, „sich schon jetzt wie ein Champion verhält“.