„Dieses Trikot wieder zu tragen, würde mich mit Stolz erfüllen“ – Cristian Scaroni rettet Astana-Saison und träumt von EM-Führung

Radsport
Mittwoch, 17 September 2025 um 9:00
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Weit entfernt von den größten Stars des Radsports entwickelte sich Cristian Scaroni 2025 zum entscheidenden Mann im Team XDS Astana. Das kasachische WorldTour-Team stand in der UCI-Rangliste vor einer ungewissen Zukunft, doch der 27-jährige Italiener führte es mit konstant starken Leistungen in sichere Gefilde. Bereits im September überschritt er die Marke von 2.000 Punkten und wurde damit zum Symbol der Astana-Rettung.
Einer seiner jüngsten Höhepunkte war der zweite Platz beim GP Industria & Artigianato. „Bei den Rennen in der Toskana und auch bei Pantani und Matteotti habe ich gesehen, dass meine Form stimmt“, erklärte Scaroni im Gespräch mit bici.pro. „Ich denke, dass ich mich noch weiter steigern kann, zumal ich in der Höhe trainiere und mich auf die letzten beiden Monate vorbereite.“
Seine Saison war allerdings nicht frei von Rückschlägen. „Nach dem Giro war ich müde. Bis zum Sturz bei Strade Bianche lief es gut, aber das gebrochene Schlüsselbein war ein herber Rückschlag“, erinnerte er sich. „Es war schwer, zurückzukommen. Ich habe viel gearbeitet, dann wurde ich am Ende des Giro krank. Für den Giro dell’Appennino und die italienischen Meisterschaften wollte ich wieder fit sein, aber ich erlitt einen Rückfall.“ Erst Ende Juli feierte er sein Comeback – und das mit Nachdruck. „Ein Sieg hat gefehlt, aber ich war immer präsent, oft in den Top 10 und mehrmals auf dem Podium.“
Inzwischen ist nur noch ein Monat auf europäischem Boden zu absolvieren, doch Astanas Mission gilt als erfüllt. Das Team rangiert in der Jahreswertung auf Platz vier und in der Dreijahreswertung auf Rang 16 – mit über 3.000 Punkten Vorsprung auf die gefährliche Zone. Für Scaroni bedeutet das Freiheit, große Ziele ins Auge zu fassen. „Die wichtigsten Rennen stehen noch bevor. Die Europameisterschaft und die Lombardei sind meine Schwerpunkte.“
Mit vier Siegen ist Scaroni 2025 gemeinsam mit Harold Martín López der erfolgreichste Astana-Fahrer, dank seines Giro-Etappensiegs sogar noch einen Tick wertvoller. Dennoch hadert er etwas mit der Bilanz. „Wenn man mir zu Beginn der Saison vier Siege angeboten hätte, darunter einen beim Giro, hätte ich sofort unterschrieben“, gab er offen zu. „Aber im Verhältnis zu meinen 15 Podiumsplätzen sind es wenige Siege. Oft bin ich hinter den UAE-Fahrern gelandet, die momentan extrem dominieren. Del Toro hat alle September-Rennen in Italien gewonnen, fast wie Hirschi im Vorjahr.“
Für die kommenden Wochen richtet sich sein Blick auf die Nationalmannschaft. Zwar stand ein Start bei den Weltmeisterschaften in Kigali im Raum, doch Nationaltrainer Marco Villa plant anders: Scaroni soll bei der EM in Ardèche eine Führungsrolle übernehmen. Es wäre sein erstes Nationaltrikot seit 2022 – jenem Jahr, in dem er nach der Auflösung von Gazprom nur durch die Berufung in die Squadra Azzurra seine Profikarriere retten konnte.
Lorenzo Fortunato und Cristian Scaroni überqueren die Ziellinie der 16. Giro-Etappe Seite an Seite
Lorenzo Fortunato und Cristian Scaroni überqueren die Ziellinie der 16. Giro-Etappe Seite an Seite
„Ich werde dem Verband und dem damaligen Trainer Daniele Bennati für immer dankbar sein. Ohne sie wäre ich heute nicht hier und würde nicht von einer EM-Berufung träumen“, sagt Scaroni. „Dieses Trikot wieder zu tragen, würde mich mit Stolz erfüllen. Ich bin abergläubisch und werde keine Prognosen abgeben, bevor es nicht offiziell ist.“



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