„Jeder Fahrer bei der Vuelta a Espana ist gegen Völkermord“ – Pedro Delgado verteidigt Peloton nach gewalttätigen Protesten

Radsport
durch Nic Gayer
Dienstag, 16 September 2025 um 21:30
Israel - Premier Tech stand bei der Vuelta a España 2025 im Zentrum der Proteste
Die Vuelta a Espana 2025 wird lange im Gedächtnis bleiben – allerdings weniger wegen der sportlichen Leistungen als wegen der Proteste, die das dreiwöchige Rennen überschatteten. Immer wieder kam es zu Demonstrationen gegen die Teilnahme von Israel - Premier Tech, die in Madrid in gewalttätigen Auseinandersetzungen eskalierten und schließlich zur beispiellosen Absage der Schlussetappe führten. Schon in den Tagen zuvor mussten Etappen neutralisiert oder vorzeitig beendet werden.
Pedro Delgado, einst Tour-de-France-Sieger und heute ein gefragter Kommentator, meldete sich nun zu Wort. Er betonte, dass die Fahrer keine Verantwortung für die Eskalation tragen: „Ich bin gegen Völkermord. Und ich kann Ihnen sagen, dass alle Fahrer dort, wie jeder bei der Vuelta a Espana, gegen das sind, was hier passiert. Das ist ein Naturgesetz“, erklärte die spanische Radsport-Legende in einer Analyse, die von MARCA veröffentlicht wurde.

„Wenn gegen Russland Sanktionen verhängt wurden, warum dann nicht gegen Israel?“

Delgado stellte die Konsequenz des internationalen Sports infrage. Er erinnerte daran, dass Russland nach der Invasion in die Ukraine aus zahlreichen Wettbewerben ausgeschlossen wurde. „Und wie lässt sich das vereinbaren? Diplomatie ist Diplomatie. Wenn gegen Russland Sanktionen verhängt wurden, warum dann nicht auch gegen Israel?“, fragte er.
Gilt als eine der Stimmen des spanischen Radsports: Pedro Delgado
Gilt als eine der Stimmen des spanischen Radsports: Pedro Delgado
Er machte deutlich, dass es falsch sei, die Fahrer, Organisatoren oder das Rennen selbst verantwortlich zu machen, während die Entscheidungsträger bei den Verbänden und in der Politik blieben. „Wenn man den Fokus auf diejenigen legt, die keine Autorität haben, drückt man sich vor seiner eigenen Verantwortung. Es geht darum, gut dazustehen und sich gleichzeitig zu weigern, der Realität ins Auge zu sehen“, sagte der dreifache Grand-Tour-Sieger. Delgado erinnerte zudem daran, dass die Bürgerinnen und Bürger „in Angst und tiefer Trauer leben“, während die Verantwortlichen tatenlos blieben.

Vuelta von Protesten überschattet

Die Organisatoren der Vuelta mussten in diesem Jahr schwierige Kompromisse eingehen. Das Finale in Madrid - traditionell ein Schaulaufen der Sprinter - fiel den Unruhen zum Opfer und nahm Jasper Philipsen die Chance auf seinen vierten Tagessieg.
Sportlich setzte Jonas Vingegaard ein Ausrufezeichen: Mit drei Etappensiegen holte er seinen ersten Vuelta-Titel und bestätigte seinen Status als dominierende Grand-Tour-Kraft. Tom Pidcock feierte sein erstes Podium bei einer großen Rundfahrt, während Philipsen trotz begrenzter Möglichkeiten drei Etappen gewann. Historisch bedeutsam: Erstmals seit Bestehen des Rennens schaffte es kein Spanier in die Top-10 der Gesamtwertung – ein bitteres Symbol in einem Jahr, in dem die Identität der Vuelta ohnehin auf dem Prüfstand stand.

Debatte um Politik im Radsport spitzt sich zu

Delgados Worte fallen in eine Phase, in der der Radsport verstärkt mit der Frage ringt, wie er auf politische und humanitäre Krisen reagieren soll. Der Weltverband UCI hat bislang Forderungen nach einem Ausschluss von Israel - Premier Tech abgelehnt. Gleichzeitig werfen die Proteste drängende Fragen zur Sicherheit, zur Meinungsfreiheit und zur Rolle des Sports im politischen Kontext auf.
Die Vuelta 2025 zeigte, dass diese Diskussion keine abstrakte bleibt. Neutralisierte Etappen und die Absage des Finales machten deutlich, wie unmittelbar Politik den Sport beeinflussen kann. Delgados Intervention erhöht nun den Druck auf die Institutionen oberhalb des Pelotons, klare Positionen zu beziehen – zu einem Thema, das den Radsport auch in Zukunft begleiten dürfte.
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