„Der Schlüsselmoment wird auf dem Passo di Ganda kommen“ – Experten sehen Pogacar vor historischem fünften Triumph bei der Lombardei-Rundfahrt

Radsport
Donnerstag, 09 Oktober 2025 um 16:00
TadejPogacar_IsaacDelToro
Tadej Pogacar hat die Lombardei-Rundfahrt in den vergangenen vier Jahren dominiert – und nach Einschätzung mehrerer erfahrener Analysten spricht wenig dafür, dass diese Serie an diesem Wochenende bei der Ausgabe 2025 endet. Im Eurosport-Podcast „Kop over Kop“ diskutierten Kommentatoren und ehemalige Profis über die Chancen des Slowenen, das Herbstmonument zum fünften Mal in Folge zu gewinnen – ein bisher einzigartiges Kunststück in der Geschichte des Rennens.
Pogacar teilt sich bislang den Rekord mit Fausto Coppi, der zwischen 1946 und 1949 viermal hintereinander siegte. Mit einem weiteren Triumph würde der 27-Jährige den legendären Italiener überflügeln und alleiniger Rekordhalter des „Rennens der fallenden Blätter“ werden – ein Meilenstein, der seine Vormachtstellung im modernen Radsport weiter zementieren würde.

„Das Problem ist, dass es sich nicht mehr um ein slowenisches Team handelt“

In der Podcast-Runde herrschte allerdings weniger Spannung als Resignation: Bewunderung für Pogacars Brillanz, aber kaum Glaube an echte Konkurrenz. „Das Problem ist, dass es sich nicht mehr um ein slowenisches Team handelt, sondern um die Vereinigten Arabischen Emirate“, sagte Jeroen Vanbelleghem, Eurosport-Kommentator und langjähriger Beobachter des Rennens. „Mit Fahrern wie Yates, Sivakov, Del Toro und Vine in der Hinterhand macht es keinen Sinn, auf Überraschungen zu hoffen.“
Vanbelleghem betonte, dass der entscheidende Moment wie so oft am Passo di Ganda kommen werde – der Anstieg, an dem Pogacar in den vergangenen Jahren jeweils den Unterschied machte. „Der Schlüsselmoment wird auf dem Passo di Ganda kommen – das ist immer so. Genau dort greift Pogacar an. Die Frage ist nur, ob Evenepoel mitgehen kann. Aber realistisch gesehen werden wir alle diesen Anstieg anschauen und hoffen, dass das Unmögliche passiert.“

Ein Team aus Kletterkünstlern und Grand-Tour-Spezialisten

Die Kombination aus Pogacars Form und der Tiefe seines Teams gilt unter den Experten als entscheidender Faktor. Das UAE Team Emirates - XRG stellt gleich mehrere Grand-Tour-Kandidaten in den Dienst des Slowenen. „Diese Vielfalt an Talenten ist der Schlüssel zu Pogacars Dominanz“, sagte Vanbelleghem. „Was einst knappe Finals waren, sind inzwischen Alleingänge geworden.“
Tatsächlich hat sich Pogacars Siegweise verändert: 2021 und 2022 entschied er die Rennen im Sprint gegen Fausto Masnada und Enric Mas. 2023 betrug sein Vorsprung bereits 52 Sekunden – 2024 distanzierte er Remco Evenepoel um über drei Minuten.

„Man muss früher angreifen“

Ex-Profi Bobbie Traksel sieht dennoch eine mögliche Schwachstelle: den Beginn der entscheidenden Phase. „Man muss früher angreifen, bevor Pogacar seinen Rhythmus findet“, erklärte er. Nur so könnten Rivalen wie Evenepoel oder Tom Pidcock, der zuletzt beim Giro dell’Emilia überzeugte, Druck aufbauen.
Pidcock wurde von Traksel als möglicher taktischer Verbündeter für Evenepoel genannt. Andere Fahrer, wie das französische Talent Paul Seixas, dürften dagegen am Ende ihrer Kräfte sein. „Er hat eine großartige Saison hinter sich, aber sie war zu lang“, analysierte Jan Hermsen. „Ich glaube nicht, dass er in der Lombardei antreten wird – er hat noch Guangxi vor sich.“

Historische Chance – aber kein Selbstläufer

Trotz der scheinbaren Vorhersehbarkeit bleibt die Dimension des Moments außergewöhnlich. Kein Fahrer – weder Merckx noch Coppi noch Bartali – hat je fünf Ausgaben der Lombardei in Folge gewonnen. Pogacar steht kurz davor, das Unmögliche möglich zu machen.
Doch die Monumente des Radsports haben ihre eigenen Gesetze. Ein mechanischer Defekt, ein Moment des Zögerns oder ein Geistesblitz eines Rivalen könnten die Geschichte neu schreiben. Pogacar startet als klarer Favorit, doch der Radsport bleibt unberechenbar.
Ob das Wochenende ein neues Kapitel in Pogacars beeindruckender Karriere aufschlägt oder eine unerwartete Wende bringt – die Augen der Radsportwelt richten sich erneut auf die herbstlichen Straßen der Lombardei.
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