Jonas Vingegaard zählt zu den außergewöhnlichsten Fahrern des Pelotons – ein Ausnahmekletterer, Grand-Tour-Spezialist und zugleich jemand, der seine Brillanz bislang kaum auf Eintagesrennen übertragen konnte. In einem aktuellen Interview sprach der Däne offen über seine Schwächen bei den Klassikern, die Rivalität mit Tadej Pogacar, die Möglichkeit von Doppelstarts bei Grand Tours – und darüber, wie lange er sich selbst noch im Profizirkus sieht.
„Ich würde wirklich gerne bei den Klassikern besser abschneiden, aber ich habe den Schlüssel dazu noch nicht gefunden“,
erklärte Vingegaard in einem Gespräch mit der Wieler Revue. „Es gibt Fahrer, die am Tag vor einem großen Klassiker drei Stunden im Renntempo trainieren. Ich weiß nicht, ob das die richtige Herangehensweise ist – vielleicht sollte ich es einfach einmal ausprobieren.“
Vingegaard hat zweifellos nicht die Routine anderer Klassiker-Spezialisten, doch auffällig ist, dass er in Eintagesrennen bergauf nicht jene Dominanz zeigt, die ihn bei Etappenrennen fast unschlagbar macht. Bei den jüngsten Europameisterschaften schien er auf dem besten Weg zu einem Top-Ergebnis, musste jedoch über 100 Kilometer vor dem Ziel abreißen lassen – ein weiteres Anzeichen für die Diskrepanz zwischen seinem Grand-Tour-Niveau und seiner Form in kurzen, explosiven Rennen.
Für die kommende Saison will sich der Däne daher stärker auf seine eigenen Fortschritte konzentrieren – und weniger auf seinen größten Rivalen. „Ich richte mich nicht danach, ob Tadej Pogacar am Start steht oder nicht“, sagte er. „Wir fokussieren uns auf uns selbst und verfolgen unsere eigenen Ziele.“
Jonas Vingegaard denkt an das Doppel Giro d'Italia - Tour de France
Wie lange wird der Däne im Feld bleiben?
Das Thema zweier Grand Tours pro Jahr wurde ebenfalls angesprochen – und Jonas Vingegaard glaubt, dass er in dieser Hinsicht große Fortschritte gemacht hat.
„Bevor ich bei der Vuelta krank wurde, war ich in absoluter Topform“, sagte der Däne. „Ich habe das Gefühl, dass ich sehr gut in der Lage bin, zwei Grand Tours in einem Jahr zu fahren.“
Doch nicht die körperliche Belastung ist für ihn die größte Herausforderung, sondern der mentale Aspekt – insbesondere mit einer jungen Familie zu Hause.
„Es ist schwierig, so oft weg zu sein“, gibt er zu. „Es ist nicht eine einzelne Reise, sondern die Summe der Tage im Ausland, die auf Dauer ermüdend ist.“
Trotz dieser Strapazen denkt der zweifache Tour-de-France-Sieger noch nicht an ein Karriereende. Vingegaard, der von vielen als zweitbester Kletterer der Welt hinter Tadej Pogacar angesehen wird, hat noch viele Ziele vor Augen.
„Werde ich mit 36 Jahren noch Rennen fahren? Das ist noch weit entfernt“, sagt er mit einem Lächeln. „Ich will nichts ausschließen, aber ich nehme die Dinge, wie sie kommen. Wenn der Moment kommt, an dem ich keine Lust mehr habe, dann höre ich auf.“