Nationaltrainer berichtet: So prägend war Elia Viviani für den italienischen Radsport

Radsport
Freitag, 31 Oktober 2025 um 9:00
Elia Viviani
Das Ausscheidungsrennen der Bahn-Weltmeisterschaften 2025 in Santiago de Chile war Elia Vivianis letzter großer Auftritt. Und er lieferte ein echtes Meisterstück ab. Der Italiener kontrollierte das Rennen von Beginn an, blieb fehlerfrei und setzte sich am Ende gegen den Neuseeländer Campbell Stewart und den Niederländer Yoeri Havik durch. Mit seinem dritten Weltmeistertitel verabschiedet sich die italienische Radsportlegende auf perfekte Weise aus dem Leistungssport.
„Es war wirklich schön“, sagte Italiens Nationaltrainer Marco Villa der Gazzetta. „Elias Qualitäten und sein Wert standen nie zur Debatte. Es schien, als könnte er uns nicht mehr überraschen – und doch geschah genau das, wovon er geträumt hatte. Er sagte: ‚Es wäre wunderbar, die Weltmeisterschaft in meinem Abschiedsrennen zu gewinnen‘ – ein WM-Rennen, nicht irgendein Kriterium. Und er hat in einem außergewöhnlichen Rahmen triumphiert.“
Dass dieses Traumfinale Realität wurde, war keineswegs selbstverständlich. Auf einem überfüllten Transfermarkt hatte Viviani nach drei Jahren bei INEOS Grenadiers große Mühe, ein Team für 2025 zu finden. Erst spät bot ihm Lotto einen neuen Vertrag an – unterschrieben wurde er erst im Februar.
„Vor einem Jahr, als er ohne Mannschaft war, sagte er zu mir: ‘Ich will nicht so enden. Ich will nicht auf diese Weise meinen Rücktritt bekannt geben.’ Kurz gesagt: Er hat sich den Abschied selbst ausgesucht und ihn so gestaltet, wie er es wollte. Das ist die Verwirklichung eines Traums.“
Für Villa ist Viviani im Kern derselbe geblieben wie bei ihrer ersten Begegnung vor mehr als 15 Jahren. „Er war immer schon unglaublich reif. In meinem ersten Jahr als Trainer sah ich einen Neunzehnjährigen, der genau wusste, was er tun musste – und wohin er wollte.“
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Vivianis Straßenkarriere schien vorbei zu sein, bevor Lotto ihm Anfang 2025 einen Rettungsanker gab

Referenzpunkt

Doch Vivianis Einfluss auf den italienischen Bahnradsport geht weit über seine eigenen Erfolge hinaus. Der 36-Jährige hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Italien in den vergangenen Jahren zur führenden Nation auf der Bahn aufgestiegen ist. Fahrer wie Filippo Ganna und Jonathan Milan blicken mit großer Wertschätzung auf ihn – ebenso wie Nationaltrainer Marco Villa.
„Ob Omnium, Ausdauer- oder Massenstart-Rennen – er war eine enorme Hilfe und hat es mir ermöglicht, auf meiner Erfahrung aufzubauen. Ich wurde zum Trainer ernannt, ohne je eine Schule besucht zu haben, die mir beibringt, wie man eine Olympiade gewinnt“, erklärt Villa.
„Elia war außergewöhnlich, weil er mir nicht nur seine Fähigkeiten gezeigt, sondern auch wertvolles Feedback gegeben hat. Die Methodik, die wir heute anwenden, ist zu einem System des italienischen Nationalteams geworden. Sie entstand während unserer Trainingseinheiten im Velodrom von Montichiari – oft spät abends, wenn niemand sonst auf der Bahn war. Nur er.“
Gemeinsam entwickelten sie ein Modell, das Straße und Bahn miteinander verbindet. „Ich habe ihn als sehr offenen Menschen kennengelernt. Es fühlte sich an, als würden wir gemeinsam trainieren – wir haben alles personalisiert. Es war ein gemeinsames Wachstum. Er wird für viele Jahre ein Bezugspunkt bleiben.“
Viviani bleibt auch nach seinem Abschied eine prägende Stimme im Team. „Milan und Ganna verlassen sich stark auf ihn. Sie tauschen sich oft mit ihm darüber aus, wie sie mit bestimmten Situationen umgehen sollen – und ich tue das ebenfalls. Vor den Weltmeisterschaften in Ruanda oder vor der Vuelta haben sie ihn angerufen. Er wird immer einer von uns sein.“
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