Tadej Pogacar gilt längst als einer der komplettesten Radprofis seiner Generation. Seine Dominanz in den vergangenen Jahren entspringt nicht nur perfekter Rennintelligenz, taktischer Reife und einem Umfeld, das ihn optimal fördert. Mehr und mehr verfestigt sich der Eindruck, dass der Slowene auch physiologisch nahezu einzigartig ist. Eine neue wissenschaftliche Arbeit liefert dafür nun eindrucksvolle Hinweise.
Analyse legt: Pogacar könnte den höchsten VO2max aller Tour-Sieger haben
Ole Kristian Berg, ein norwegischer Sportwissenschaftler, hat im Journal of Science & Cycling eine detaillierte Analyse von Pogacars Leistungen veröffentlicht.
Da die genauen physiologischen Werte des zweifachen Tour-Siegers nicht öffentlich sind, stützt sich Berg auf die heute sehr präzise ableitbaren Leistungsdaten aus Pogacars Kletterfahrten der Saisons 2024 und 2025.
Sein Fazit ist bemerkenswert:
Pogacars VO2max dürfte zwischen 91 und 96 ml/kg/min liegen – ein Bereich, der ihn an die Spitze aller bislang gemessenen Tour-Sieger setzen würde.
Zum Vergleich:
- Chris Froome: ca. 88 ml/kg/min
- Greg LeMond: rund 93 ml/kg/min
- Miguel Indurain: ebenfalls leicht darunter
Damit könnte Pogacar in einem Bereich unterwegs sein, der bisher nur in Ausnahmefällen dokumentiert wurde. Berg spricht von einer „potenziell beispiellosen Kombination aus Genetik, Ausdauer und Effizienz“ – und weist darauf hin, dass Pogacars Werte immer noch Steigerungspotenzial bergen könnten.
„Ich hoffe, dass wir bei der Tour 2026 erneut Leistungen sehen, die die Grenzen des Menschlichen verschieben“, schreibt er.
Außergewöhnlich nicht nur in Zahlen: Team bestätigt Pogacars Besonderheit
Diese wissenschaftliche Einschätzung deckt sich mit Eindrücken aus seinem Umfeld.
UAE-Soigneur Joseba Elguezabal schilderte bereits 2024 staunend eine Episode nach Pogacars Solosieg in Vallter bei der Volta a Catalunya:
„Tadej ist so außergewöhnlich, dass selbst seine Muskulatur eine Klasse für sich ist. Ich habe ihn nach dieser Regenetappe massiert – und nach kaum einer Minute fühlte er sich völlig normal an. Das ist bei keinem anderen Fahrer so.“
Auch der slowenische Ernährungswissenschaftler und Coach Tim Podlogar spricht offen von einer körperlichen Besonderheit, die er so im Profiradsport noch nicht gesehen hat:
„Seine Physiologie erscheint mir unfassbar. Wie er diesen Rhythmus, diese Leistungswerte, so lange halten kann – und trotzdem im Ziel nicht erschöpft wirkt – ist schlicht außergewöhnlich.“
Ein Athlet, der mit jeder Saison Grenzen verschiebt
Die Kombination aus genetischer Veranlagung, jahrelanger Entwicklung, mentaler Stärke und einem der modernsten Betreuungssysteme des Sports formt einen Fahrer, der das Profil eines modernen Mehrfach-Grand-Tour-Anwärters nahezu ideal verkörpert.
Mit Blick auf die
Tour de France 2026 erwartet Berg sogar weitere Fortschritte. Und sollte Pogacar sein Niveau erneut anheben, dürfte die Diskussion um seine Stellung im Radsport-Pantheon weiter Fahrt aufnehmen.