„Hilft einem eigentlich nicht, ein guter Radprofi zu werden“ – Michael Storer kritisiert die rudimentäre Arbeitsweise bei Groupama-FDJ

Radsport
Freitag, 26 Dezember 2025 um 14:00
Remco Evenepoel, Tadej Pogacar, Michael Storer
Michael Storer hat die Tour of the Alps gewonnen, wurde Top 10 beim Giro d’Italia und stand bei Il Lombardia dieses Jahr gemeinsam mit Tadej Pogacar und Remco Evenepoel auf dem Podium. Möglich machte das sein Wechsel zum ProTeam Tudor Pro Cycling Team, das in ihn als Kapitän investiert. Anders als bei Groupama - FDJ, wo er zwar bereits ein sehr hohes Niveau hatte, die Mannschaft ihm zufolge jedoch wenig dazu beigetragen habe, ihn als Fahrer weiterzuentwickeln.
Storer wurde 2018 Profi bei Team Sunweb, heute Team Picnic PostNL. Nach vier Jahren beim niederländischen Team verließ er seine Komfortzone und unterschrieb für zwei Jahre bei Groupama-FDJ. Ein riskanter Schritt zu einem Team mit starkem französischem Fokus und Sprache, aber einer, der ihm die Chance gab, eine Führungsrolle zu übernehmen und mehr Freiheiten zu finden.
In seinem letzten Jahr bei Picnic PostNL gewann er die Tour de l'Ain sowie zwei Etappen der Vuelta a España und holte zudem das Bergtrikot. Sein Potenzial war offensichtlich. Doch bei Groupama wurde es aus seiner Sicht nicht genutzt. Er fuhr zwar die Tour de France und die Vuelta a España, jedoch ohne nennenswerte Resultate; sein GC-Sieg bei der Tour de l'Ain 2023 blieb das Highlight. Zu diesem Zeitpunkt wollte er das Team bereits verlassen. Selten äußert sich ein Fahrer öffentlich so offen kritisch über ein ehemaliges Team.
„Man muss genauer hinsehen, um zu erkennen, dass es tatsächlich ein Schritt nach vorne ist (sein damaliger Wechsel zu Tudor, Red.), weil Groupama nicht die beste Support-Struktur hat. Sie stecken irgendwie in ihren Gewohnheiten fest“, sagte Storer im Domestique-Hotseat-Podcast. „Das wird sich nicht ändern. Selbst wenn ich es in einem Podcast sage, werden sie nicht zuhören.“
Das Team gilt seit Jahren als traditionell in seinen Trainingsmethoden, während der inzwischen zurückgetretene Manager Marc Madiot in den Medien oft moderne Entwicklungen des Sports kritisierte. Teils nachvollziehbar, entstand dennoch der Eindruck, dass dem Team bei einigen Details etwas durchrutschte. Storer wird nicht konkret, was das im Einzelnen war, schildert aber seine Erfahrungen so, dass er offenbar keinerlei Bindung mehr zum Team verspürt und offen darüber sprechen kann.

Nichts, was Storer vorangebracht hätte

„Ich wollte in ein Team gehen, dem wirklich etwas daran liegt, mich besser zu machen, das mir echten Support gibt“, erklärte er. „Denn sie sagen zwar, dass sie dir helfen werden und so weiter, aber am Ende erwarten sie einfach, dass du gut bist, ohne tatsächlich etwas dafür zu tun, dass du ein guter Radprofi wirst.“ Harte Worte des Australiers, für die es gute Gründe zu geben scheint, denn mit dem Wechsel zu Tudor hat er sich auf dem Rad deutlich gesteigert.
„Bei Tudor bin ich im Grunde ihr Hauptfahrer. Sie werfen viele Ressourcen in die Waagschale, damit ich mein Potenzial ausschöpfen kann. Während bei Teams wie Groupama die Ressourcen auf zwei Fahrer entfallen, vielleicht drei.“
Alpen
Michael Storer überzeugte bei der Tour of the Alps auf höchstem Niveau und gewann die Gesamtwertung
Rudimentäre Trainingsmethoden sind an der Spitze des Profi-Radsports noch nicht völlig verschwunden. Bis heute werden manche Details mancherorts sehr basal gehandhabt. Arne Marit von Red Bull - BORA - hansgrohe berichtete jüngst, wie Wanty während des Wintercamps 2024 offenbar allen Fahrern denselben Trainingsplan gab, statt individuell zu arbeiten. Matteo Jorgenson wechselte bekanntlich zu Team Visma | Lease a Bike, nachdem er bei Movistar seine individuellen Trainingslager teilweise selbst bezahlt hatte – auch seine Entwicklung explodierte danach.
Der 28-jährige Storer bekräftigt zudem die These, dass manche Teams ihren Fahrern wenig Aufmerksamkeit schenken, sofern sie nicht die großen Kapitäne sind – so auch bei Groupama. „Das kann das Problem der großen Teams sein. Du gehst hin und wirst ziemlich sicher nicht ihre Nummer eins sein, in die sie ihre Ressourcen stecken. Du bist vielleicht Nummer drei, Nummer vier. Du bist so etwas wie ein Nachgedanke.“
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