In seinen letzten Jahren wurde das Team Vini Zabù innerhalb der Radsportgemeinschaft kaum noch ernst genommen. Zwar fuhr die italienische Formation über ein Jahrzehnt auf ProContinental-Niveau und feierte zu Beginn der 2010er-Jahre beim Giro d’Italia drei Etappensiege sowie das Bergtrikot, doch der Niedergang der einstigen Größe zeichnete sich gegen Ende des Jahrzehnts unübersehbar ab.
Trotz der überstandenen COVID-Krise und eines erneuten Antritts im Jahr 2021 war der Kader zu diesem Zeitpunkt kaum noch konkurrenzfähig. Rund um den profilierte Sprinter Jakub Mareczko aufgebaut, bestand das Team größtenteils aus unbekannten italienischen Fahrern ohne Erfahrung auf diesem Niveau – und ohne nennenswerte Ergebnisse in den unteren Rennklassen, die auf Entwicklungspotenzial hätten schließen lassen. Bemerkenswert: Von den Fahrern des Vini-Zabù-Kaders 2021 werden im Jahr 2026 voraussichtlich nur vier noch aktiv sein.
Die letzte Saison des Teams endete mit äußerst mageren 275 UCI-Punkten, ehe die Mannschaft geräuschlos von der Bildfläche verschwand. Doch beim Weltverband UCI hatte man längst ein bedenkliches Muster erkannt. Positive Dopingtests und überführte Dopingsünder – darunter der ehemalige Giro-Sieger Danilo Di Luca – waren in der Teamhistorie keine Seltenheit.
2021 folgte schließlich eine 30-tägige Teamsperre, nachdem innerhalb von zwölf Monaten zwei Fahrer positiv getestet worden waren (Matteo Spreafico 2020 und Matteo De Bonis 2021). Diese Maßnahme kostete Vini Zabù die bereits zugesprochene Wildcard für den Giro d’Italia – trotz ohnehin fragwürdiger sportlicher Perspektiven.
Nicht nur Dopingkontrollen wirkten dubios
Die Geschichte endet jedoch nicht beim Missbrauch leistungssteigernder Substanzen. Wie bereits angedeutet, spielten sportliche Kriterien offenbar eine untergeordnete Rolle, als die Vini-Zabù-Verantwortlichen Angelo Citracca und Luca Scinto ihre Kader zusammenstellten. Vielmehr deutet vieles darauf hin, dass Fahrer unter Druck gesetzt wurden, Teile ihres Gehalts zurückzuzahlen, um überhaupt eine Chance auf Einsätze zu erhalten.
La Nazione berichtet von „starkem psychologischem Druck und schikanierenden Praktiken der Teamleitung, um Athleten dazu zu bringen, Teile ihres Gehalts abzugeben“.
Nach einer Voranhörung in Pistoia wurde in dieser Woche bekannt, dass gegen den ehemaligen Teammanager Citracca Anklage wegen Erpressung eines Fahrers sowie versuchter Erpressung gegen dessen Ehefrau und einen weiteren Athleten erhoben wird. De Bonis’ früherer Sportdirektor Davide Del Sarto wurde gemeinsam mit Citracca wegen versuchter Erpressung angeklagt.
Der damalige leitende Sportdirektor Luca Scinto, inzwischen Manager des Juniorenteams Franco Ballerini, muss sich ebenfalls vor Gericht verantworten – wegen Erpressung und Hehlerei. Laut La Nazione fanden Ermittler bei ihm Dokumente mit Stempeln der lokalen Gesundheitsbehörde, „die er mutmaßlich nutzte, um medizinische Anträge für leistungssteigernde Mittel zu stellen“.
Scinto und sechs Fahrer des Vini-Zabù-Kaders waren zuvor bei einem Rennen in Dubai von Dopingvorwürfen freigesprochen worden, da die entsprechenden Beweise als unzulässig eingestuft wurden. Ein weiteres Dopingverfahren wurde vom Gericht in Pistoia an die Staatsanwaltschaft in Forlì verwiesen.
Citracca war bereits 2017 für drei Monate gesperrt worden, nachdem der italienische Radsportverband ihn schuldig befunden hatte, Startplätze im Team gegen Zahlungen zu vergeben – ein Vorwurf, den er bis heute bestreitet.
Das Problem der „Pay-to-Ride“-Modelle im italienischen Radsport war durch
Il Corriere della Sera und Reporter Marco Bonarrigo publik gemacht worden, unter anderem mit klaren Worten von Elia Viviani gegen diese Praxis.
Der Prozess gegen Scinto, Citracca und Del Sarto soll am 22. Mai 2026 beginnen.