Louis Meintjes hat seine Karriere als Radprofi beendet. Nach dreizehn Jahren im internationalen Peloton fuhr der 33-jährige Südafrikaner am 11. Oktober bei der Il Lombardia 2025 sein letztes Rennen. Für viele im Radsport markiert sein Abschied das Ende einer Ära – und den Abschluss einer Laufbahn, die den afrikanischen Radsport auf die Landkarte der großen Rundfahrten setzte.
Die Bekanntgabe erfolgte über sein Team Intermarché–Wanty, bei dem Meintjes seit 2021 unter Vertrag stand. Mit den Belgiern erlebte er die erfolgreichste Phase seiner Karriere. Sein siebter Platz bei der
Tour de France 2022 bleibt bis heute die beste Platzierung eines afrikanischen Fahrers in der Geschichte des Rennens – und ein Höhepunkt für das Team selbst.
Grand-Tour-Spezialist mit eiserner Konstanz
Über zwei Jahrzehnte hinweg galt Meintjes als Inbegriff des stillen Kletterers – selten im Rampenlicht, aber immer präsent, wenn es ernst wurde. Bei insgesamt 20 Grand Tours fuhr er fünfmal in die Top Ten: dreimal bei der Tour de France, zweimal bei der Vuelta a España.
Einer seiner prägendsten Momente war der fast geglückte Etappensieg auf der Alpe d’Huez 2022, als ihm nur Tom Pidcock zuvorkam. Wochen später wurde der Traum dann Wirklichkeit: Bei der Vuelta triumphierte Meintjes auf der steilen Rampe nach Les Praeres – seinem ersten Grand-Tour-Etappensieg überhaupt. Der emotionale Erfolg wurde in ganz Afrika gefeiert und bestätigte ihn als einen der besten Kletterer seiner Generation.
„Louis war nie der Lauteste, aber immer da, wenn es zählte“, sagte Intermarché-Sportdirektor Valerio Piva nach der Lombardia. „Sein Sieg in Les Praeres war nicht nur für ihn, sondern für ganz Afrika ein Symbol dafür, was mit Geduld und Hingabe möglich ist.“
Vom Nachwuchstalent zum kontinentalen Vorbild
Meintjes’ Weg in den europäischen Radsport begann früh. Als Teenager zog er nach Belgien, um für ein Jugendteam in Seraing zu fahren. 2013 machte er international auf sich aufmerksam, als er bei den U23-Weltmeisterschaften in Florenz die Silbermedaille hinter Matej Mohorič gewann – als erster afrikanischer Fahrer überhaupt auf einem WM-Podium im Straßenrennen.
Ein Jahr später unterschrieb er bei MTN-Qhubeka, dem ersten afrikanischen Team auf WorldTour-Niveau. Schon bald galt er als Symbolfigur eines wachsenden Kontinents im Radsport. Mit Lampre–Merida feierte er 2016 seinen endgültigen Durchbruch: Bei der Tour de France wurde er Achter der Gesamtwertung und kämpfte bis in die letzte Woche um das Weiße Trikot des besten Jungprofis. Nur wenige Wochen später belegte er bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro den siebten Platz im Straßenrennen – ein weiterer Meilenstein für den afrikanischen Radsport.
Ein Neuanfang bei Intermarché – und der späte Triumph
Nach schwierigen Jahren bei Dimension Data und NTT Pro Cycling fand Meintjes 2021 bei Intermarché–Wanty zurück zu alter Stärke. Das belgische Team bot ihm die Umgebung, in der er seine besten Leistungen erneut abrufen konnte. 2022 gewann er den Giro dell’Appennino und belegte in der Tour de France und Vuelta jeweils Spitzenplätze.
Der Etappensieg in Les Praeres war dabei mehr als nur sportlicher Erfolg – er war emotionaler Abschluss eines langen Aufstiegs. „Ich habe oft geglaubt, ich wäre knapp dran, aber nie hat es gereicht“, sagte Meintjes damals. „Dieser Sieg war eine Erleichterung – für mich, für meine Familie, für alle, die an mich geglaubt haben.“
Teamplayer mit ruhiger Autorität
Neben seinen sportlichen Erfolgen war Meintjes auch für seine Rolle als Teamkollege geschätzt. In den letzten Jahren übernahm er bei Intermarché zunehmend Verantwortung als erfahrener Straßenkapitän. Bei der Tour de France 2024 spielte er eine Schlüsselrolle in der Unterstützung von Biniam Girmay, der als erster Afrikaner das Grüne Trikot gewann.
„Louis war das Rückgrat des Teams“, sagte Girmay in einem Statement. „Er hat immer Ruhe ausgestrahlt, selbst in stressigen Situationen. Ohne ihn hätte ich die Tour nicht so gefahren, wie ich sie gefahren bin.“
Ein Vermächtnis, das bleibt
In einer Ära, die von großen Budgets, datengetriebenem Training und jungen Superstars geprägt war, baute sich Louis Meintjes seinen Ruf auf alten Werten auf: Disziplin, Beharrlichkeit und leise Klasse. Er war nie der lauteste Fahrer im Bus, nie der Medienliebling – aber einer, der sich über Jahre Respekt erarbeitete, im Feld wie in der Heimat.
Mit seinem Rücktritt endet nicht nur eine Karriere, sondern auch ein Kapitel afrikanischer Radsportgeschichte. Von seinen frühen Tagen bei MTN-Qhubeka bis zu seinen Erfolgen mit Intermarché–Wanty war Meintjes ein Symbol für das, was möglich ist, wenn Talent auf Ausdauer trifft.
„Louis hat uns gezeigt, dass afrikanische Fahrer nicht nur dabei sein, sondern gewinnen können“, sagte Teamchef Jean-François Bourlart. „Er hat Türen geöffnet, die andere jetzt durchschreiten.“
Meintjes selbst verabschiedete sich so, wie er gefahren ist – ruhig, bescheiden und mit einem Lächeln. Sein letzter Satz nach Il Lombardia: „Ich bin dankbar für jede Gelegenheit, die mir dieser Sport gegeben hat.“