Der europäische Radsport hat einmal mehr ein Meisterwerk von
Tadej Pogacar erlebt. Der Slowene ließ bei den Europameisterschaften 2025 in der französischen Region Ardèche das Feld komplett hinter sich. 75 Kilometer vor dem Ziel setzte er sich ab – und niemand sollte ihn mehr einholen.
Die Demonstration erinnerte stark an seinen Triumph bei den Weltmeisterschaften eine Woche zuvor in Kigali. Eine nahezu identische Vorstellung, die die Diskussion um Pogacars erdrückende Überlegenheit erneut anheizte. Der niederländische Journalist und Analyst
Thijs Zonneveld fand im Podcast „In de Waaier“ deutliche Worte: „Vielleicht hat der Radsport ein Problem“, sagte er. „Nicht, weil Pogacar etwas falsch macht – ganz im Gegenteil. Was er leistet, ist so außergewöhnlich, dass es noch viele Jahre so weitergehen kann.“
Zonneveld hebt besonders Pogacars Vielseitigkeit hervor, die in der modernen Radsportgeschichte ihresgleichen sucht. „Er gewinnt große Rundfahrten, Klassiker, Weltmeisterschaften – und jetzt auch die
Europameisterschaft. Wenn Van der Poel nicht wäre, hätte er in dieser Saison buchstäblich alles gewonnen.“ Eine Aussage, die kaum übertrieben wirkt: Pogacar dominiert auf jedem Terrain, sei es am Berg, auf Kopfsteinpflaster oder im Sprint.
„Er ist nicht der Beste in einer Sache, aber in allem unter den ersten drei“, fasst Zonneveld zusammen. Selbst Pogacars vermeintliche Schwäche, Paris–Roubaix, sei nur relativ. „Dort hat er es mit Fahrern zu tun, die 15 Kilo schwerer sind. Aber auch das ist keine echte Schwäche – sie fällt kaum ins Gewicht.“
Eine Maschine mit menschlichem Gesicht
Zonneveld sieht die Grundlage für Pogacars Überlegenheit in dessen beeindruckender Physiologie. „In Rennen wie in Ruanda kam er kaum an seine Leistungsgrenze, während die anderen völlig am Ende waren. Diese Kontrolle erlaubt es ihm, frisch zu bleiben und zu dominieren, ohne sich zu verausgaben.“
Der Slowene selbst hat in früheren Interviews verraten, dass sein Training jenseits normaler Maßstäbe liegt. „Er absolviert Langstreckenfahrten mit 4,5 bis 5 Watt pro Kilogramm und bezeichnet das nicht einmal als intensives Training“, berichtet Zonneveld. „Er kann dieses Tempo stundenlang, teilweise den ganzen Tag, halten. Während andere am Limit fahren, scheint er sich kaum anzustrengen. Deshalb kann er 75 Kilometer vor dem Ziel angreifen – und das Feld mühelos distanzieren.“
Pogacar definiert das Limit neu
Über reine Fitness hinaus hebt Zonneveld Pogacars mentale Stärke hervor: „Das ist keine einmalige Formspitze. Seine Beständigkeit, sein taktisches Verständnis und seine Fähigkeit, sich zu regulieren, zeigen, dass er das Leistungsniveau im Radsport neu definiert hat.“
Mit 18 Siegen in 48 Renntagen liegt Pogacars Siegquote aktuell bei herausragenden 37,5 Prozent. Und die Saison ist noch nicht vorbei. Der Weltmeister startet in dieser Woche bei den Tre Valli Varesine und bei Il Lombardia – wo er den fünften Sieg in Folge anpeilt.
Was auch immer dort passiert: Der europäische Radsport hat spätestens jetzt verstanden, dass Tadej Pogacar nicht nur dominiert – er verändert den Sport.