Im September dieses Jahres war Ruanda eine Woche lang das Zentrum der internationalen Radsportwelt. Bei den ersten Weltmeisterschaften auf afrikanischem Boden erkundeten zahlreiche Stars das Land, während sie um das Regenbogentrikot kämpften. Auch wenn Größen wie Tadej Pogačar oder Remco Evenepoel so schnell wohl nicht zurückkehren werden, gastiert das Peloton bereits in weniger als vier Monaten wieder in Ostafrika – bei der
Tour du Rwanda.
Das traditionsreiche achttägige Etappenrennen hätte im Idealfall vom Schwung der WM 2025 profitieren sollen. Doch aktuell deutet vieles darauf hin, dass die Ausgabe 2026 hinter den Erwartungen zurückbleiben könnte – vor allem aufgrund ihrer Position im
UCI-Kalender.
Die Tour du Rwanda ist vom 22. Februar bis 1. März geplant und konkurriert dabei mit der UAE Tour, der Volta ao Algarve, der Vuelta a Andalucía, den Ardèche-Klassikern und dem „Opening Weekend“ in Flandern. Viele WorldTour-Teams fahren in dieser Phase bereits dreigleisig – ein zusätzlicher langer Ausflug nach Afrika für ein Rennen der Kategorie 2.1 ist schwer zu realisieren.
Nach Informationen von SpazioCiclismo gibt es jedoch bereits konkrete Überlegungen, diese ungünstige Situation zu entschärfen – mit der UCI als treibender Kraft. Ein wesentlicher Schritt wäre eine Anpassung des Formats, um die Veranstaltung kompakter zu gestalten und sie für den internationalen Rennkalender sowie für große Teams attraktiver zu machen. Denn bislang überwiegen für viele der logistische Aufwand und die Reisekosten die sportlichen Vorteile.
Die Tour du Rwanda, die 1988 als regionales Rennen startete und 2009 in die UCI-Kategorie 2.1 aufstieg, konnte über die Jahre durchaus namhafte Mannschaften anlocken – darunter TotalEnergies, Israel–Premier Tech und Lotto, die regelmäßig vertreten sind. Auch WorldTour-Teams wie Soudal–Quick-Step, Astana und UAE haben das Rennen bereits ins Visier genommen, wenn auch meist mit ihren schlagkräftigen Nachwuchsteams.
Die Atmosphäre bei den Weltmeisterschaften 2025 war elektrisierend
Eine der führenden Ideen besteht darin, das Rennen von acht auf fünf Etappen zu verkürzen, um den logistischen Aufwand zu reduzieren und den Termin attraktiver zu gestalten. Doch laut ersten Gesprächen reagieren die wichtigsten Stakeholder bislang verhalten. Insbesondere jene WorldTour-Teams, die sich im vergangenen Jahr aus geopolitischen Gründen zurückgezogen hatten, sollen wenig Bereitschaft signalisiert haben, die Tour du Rwanda wieder in ihre Saisonplanung aufzunehmen.
Dabei markierten die Weltmeisterschaften 2025 einen historischen Meilenstein für den afrikanischen Kontinent: Über eine Million Zuschauer säumten die Strecken, internationale Medien rückten die spektakulären „tausend Hügel“ Ruandas ins Rampenlicht – ein sportlicher und organisatorischer Erfolg, wie ihn die Region noch nie erlebt hatte. Eigentlich der perfekte Moment, um ein hochklassiges Rennen dauerhaft zu etablieren. Doch bislang bleiben konkrete Schritte zur Weiterentwicklung der Tour du Rwanda hinter den Erwartungen zurück.
Niemand, der den Staffelstab weiterführt
Selbst die ASO – die laut Informationen von SpazioCiclismo zumindest in Beratungen einbezogen wurde – zeigt bislang wenig Interesse an einer stärkeren Rolle bei der Tour du Rwanda. Zwar stellte das französische Unternehmen für die Weltmeisterschaften 2025 wesentliche Expertise in Logistik und TV-Produktion bereit, doch setzt es weiterhin klare Prioritäten: Die langjährigen Kooperationen in Europa sowie wachstumsstarke Projekte im Nahen Osten genießen unverändert Vorrang.
Als Alternative könnte Golazo – der belgische Organisator und Partner der Weltmeisterschaften – in Zukunft eine größere Rolle bei dem Rennen übernehmen. Das Unternehmen baut seine Präsenz auf dem afrikanischen Kontinent kontinuierlich aus, verfügt seit Jahren über ein Büro in Nairobi und eröffnete dieses Jahr einen neuen Standort in Kigali. Ob Golazo jedoch tatsächlich in die Organisation der Tour du Rwanda einsteigen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen.