Roglics riskante Route: Giro und Tour statt Vuelta – "Die Tour de France ist immer noch das Hauptziel"

Radsport
Dienstag, 06 Mai 2025 um 19:00
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Primoz Roglic, fünffacher Grand-Tour-Sieger und einer der erfolgreichsten Etappenrennfahrer der Gegenwart, wählt für das Jahr 2025 einen strategisch wie emotional aufgeladenen Fahrplan. Statt zur Vuelta a España zurückzukehren, wo er bereits viermal triumphierte, nimmt der Slowene das selten gewählte Doppel aus Giro d’Italia und Tour de France ins Visier – und das mit 35 Jahren.
„Für ihn ist die Tour de France nach wie vor das große Ziel“, erklärt Marc Lamberts, Roglics langjähriger Trainer bei Red Bull – BORA – hansgrohe, im Gespräch mit Wielerflits. Die Tour ist das einzige der drei Grand-Tour-Rennen, das Roglic bislang nicht gewinnen konnte – eine Lücke im Palmarès, die mehr wiegt als weitere Trophäen aus Spanien. Trotzdem gibt Lamberts zu: „Ich war eigentlich nicht für das Doppel. Der Giro war Wunsch des Teams, die Tour das Ziel von Primoz. Er hat letztlich selbst entschieden.“
Primoz Roglic gewann den Giro d'Italia im Jahr 2023
Primoz Roglic gewann den Giro d'Italia im Jahr 2023
Lamberts kennt die physiologischen und taktischen Vorzüge seines Schützlings genau – und sieht diese eher auf spanischen als auf französischen oder italienischen Straßen. „Die kurzen, explosiven Anstiege der Vuelta liegen ihm besser als die langen Kletterpartien beim Giro oder der Tour. Dort dauern die Anstrengungen bis zu einer Stunde – das ist nicht seine Paradedisziplin.“ Doch Roglic hat andere Prioritäten: nicht mehr Rekorde, sondern Vollständigkeit. „Wenn du die Vuelta viermal und den Giro einmal gewonnen hast, dann willst du das eine Rennen, das fehlt, eben auch noch.“
Mit der gewonnenen inneren Ruhe, wie Lamberts betont, geht Roglic die Saison gelassener an als noch vor ein paar Jahren. „Er ist nicht mehr getrieben von der Notwendigkeit zu gewinnen. Er braucht keine weitere Katalonien-Rundfahrt oder einen zweiten Giro. Aber wenn er startet, will er liefern.“ Der Giro ist dabei keineswegs nur ein Vorbereitungsrennen für die Tour: „Die letzte Woche mit den zwei Zeitfahren und der Schotteretappe wird entscheidend. Wenn er dort in Topform ist, ist alles möglich – auch der Sieg.“
Die Konkurrenz wird dabei überschaubarer sein als im Juli. Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard, die beiden derzeitigen Maßstäbe im Hochgebirge, sind nicht in Italien am Start. Dafür wird Juan Ayuso als stärkster Herausforderer gehandelt. „Wenn alles passt – inklusive Wetter und einem sturzfreien Verlauf – kann Primoz definitiv das Podium erreichen“, so Lamberts.
Für die Tour de France sieht er die Rollen klar verteilt: „Pogacar und Vingegaard sind eine Klasse für sich. Primoz muss realistisch gesehen mit Remco Evenepoel um Platz drei kämpfen.“ Dennoch: ein Roglic in Form, mit frischen Beinen aus Italien und einem sauberen Giro in den Beinen, ist immer ein Kandidat für das Unerwartete.
2025 wird für Primoz Roglic zur vielleicht letzten großen Mission: Noch einmal alles riskieren, um seine Grand-Tour-Sammlung zu komplettieren – und Geschichte zu schreiben. Ein Balanceakt zwischen Ambition und Realität.
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