„Man muss mit einem Solo-Finish rechnen“ – José de Cauwer warnt vor brutalem WM-Parcours in Kigali

Radsport
durch Nic Gayer
Freitag, 26 September 2025 um 17:30
Tadej Pogacar
Die Straßen-Weltmeisterschaften 2025 steuern auf eines der härtesten Elite-Rennen der jüngeren Vergangenheit zu. In Kigali, Ruanda, wartet ein gnadenloser Kurs auf die Profis – das weiß auch José De Cauwer. Der ehemalige belgische Nationalcoach und heutige Sporza-Analyst hat die Strecke persönlich inspiziert und spricht Klartext.
„Man muss mit einem Solo-Finish rechnen“, sagte De Cauwer im belgischen Fernsehen nach seiner Begehung. „Das ist kein Parcours, auf dem man einfach nur mitfährt und abwartet - er wird die Fahrer auseinanderreißen.“ Und trotz Höhe, Hitze und unbarmherzigen Rampen bleibt ein Name im Fokus: Weltmeister Tadej Pogacar.

Ein Parcours, geschaffen um die Besten zu brechen

Mehr als 3.000 Höhenmeter, ein Ziel auf einem Scheinanstieg – dieser Kurs ist ein Kraftakt, getarnt als Straßenrennen. Mit rund 100 Kilometern bis ins Ziel könnte der Mont Kigali, Herzstück der Strecke, das Rennen explodieren lassen.
„Der Mont Kigali könnte absolut entscheidend sein“, erklärt De Cauwer. „Ein dreigeteilter Anstieg mit steilen Rampen, die das Feld sprengen. Am Gipfel werden kaum 15 Fahrer übrig bleiben – wenn überhaupt.“ Pogacar wird keine Einladung brauchen. Schon in Zürich 2024 griff er über 100 Kilometer vor dem Ziel an und holte mit diesem Alles-oder-Nichts-Move das Regenbogentrikot. In Ruanda könnte er erneut angreifen, doch De Cauwer warnt: Die große Höhe – meist über 1.500 Meter – könnte selbst den Slowenen bremsen. „Eine Wiederholung von Zürich? Möglich. Aber diesmal reichen zwei Solo-Runden. 100 Kilometer allein hier oben? Fast unmöglich.“

Die Evenepoel-Gleichung

Für Belgien steht eine Frage im Mittelpunkt: Kann Remco Evenepoel Pogacar kontern, wenn der am Mont Kigali loslegt? De Cauwer glaubt daran – mit Einschränkung. „Wenn wir den besten Evenepoel sehen, bleibt er dran. Selbst wenn er am Gipfel ein paar Sekunden verliert, ist das kein Drama. Auf dem folgenden Rollgelände ist niemand schneller. Hat Pogacar 15 Sekunden, holt Remco ihn zurück.“
Es ist ein taktisches Duell mit Reiz: Pogacar als aggressiver Angreifer, Evenepoel als unermüdlicher Diesel im Gegenstoß. Doch De Cauwer zweifelt, dass der Mont Kigali die endgültige Entscheidung bringt. „Die Selektion könnte später fallen.“

Ein letzter Rundkurs voller Fallen

Nach Mont Kigali und der symbolträchtigen Kigali Wall geht es zurück in die Stadt auf einen zermürbenden Rundkurs. Dort lauert die Côte de Kimihurura: 1,3 Kilometer bei 6,3 Prozent – schmal, brutal und für De Cauwer vielleicht der Schlüsselanstieg. „Sie hat die Breite des Bosberg und die Steigung des Oude Kwaremont. Dieser schleppende Abschnitt oben – genau dort hat Pogacar schon viele bezwungen. Ein idealer Punkt für einen entscheidenden Angriff.“
Kurz darauf folgt die Côte de Kigali Golf mit 800 Metern bei 8,1 Prozent, ehe der letzte Kilometer leicht ansteigend ins Ziel führt. Keine Erholung, kein Spielraum für Fehler.

„Ich wäre lieber in Evenepoels Schuhen“

Trotz seiner Warnungen legt sich De Cauwer beim Favoriten fest – wenn auch zögernd. „Vor ein paar Tagen war es klar Pogacar“, räumt er ein. „Seit dem Zeitfahren hat sich etwas verschoben. Aber er bleibt der Mann, den es zu schlagen gilt.“
Und doch vertraut der Belgier auch auf seinen Landsmann. „Wenn ich selbst starten müsste, wäre ich lieber in Evenepoels Schuhen.“
Eines steht für De Cauwer außer Frage: Wer in Kigali triumphiert, wird dies nicht im Windschatten tun. „Mit all den Anforderungen – Höhe, Hitze, Gelände – man muss mit einem Solo-Finish rechnen.“
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