Gemeldete Verluste von 6 Millionen Euro bei Visma im Jahr 2024 – steckt das niederländische Spitzenteam in Schwierigkeiten?

Radsport
Montag, 01 Dezember 2025 um 11:00
TadejPogacar_JonasVingegaard (3)
Team Visma | Lease a Bike schloss das Geschäftsjahr 2024 mit einem operativen Verlust von 6,1 Millionen Euro ab – ein Wert, der die Kosten widerspiegelt, eine auf Grand Tours und Klassiker ausgerichtete Belegschaft in einem Umfeld stetig steigender Löhne zu tragen. Die Umsätze erreichten 58,1 Millionen Euro, im Peloton ein sehr hoher Wert, aber nicht genug, um die Finanzkraft von UAE Team Emirates - XRG zu erreichen, dessen Struktur von staatlichen Mitteln profitiert.
Der Vergleich zeigt ein stark asymmetrisches Wettbewerbsumfeld. Während Visma sein Budget zwischen Siegen, Technologieentwicklung, Bindung von Schlüsselprofis und einem großen Stab austarieren muss, kann UAE Jahr für Jahr einen ohnehin dominanten WorldTour-Block weiter verstärken. Das wirkt sich nicht nur auf Verpflichtungen aus, sondern auch auf Ausgaben im Radsport, die 2025 weit über Kader und Staff hinausgehen.
Die Herausforderung für Visma ist nicht nur sportlich, sondern strukturell. An der Spitze zu bleiben, erfordert wirtschaftliche Risiken, die ohne zusätzliche externe Einnahmen langfristig kaum tragfähig sind. Der Druck, ein Siegerprojekt zu erhalten, gepaart mit der Konkurrenz durch ein Team mit nahezu unbegrenzter Finanzkraft, macht jeden Sieg auch zum Kampf um das Überleben des Modells.
In einer Analyse von moneyinsport wird die finanzielle Lage von Team Visma | Lease a Bike, dem Hauptkonkurrenten von UAE Team Emirates - XRG und aktuellem UCI-Ranglistenzweiten, im Detail offengelegt. Die Abschlüsse zeigen ein sportliches Modell, das so ambitioniert wie kostspielig ist.

Ein neuer Eigentümer und eine komplexe Struktur

Visma, derzeit Nummer zwei der UCI-Rangliste, veröffentlichte im vergangenen Monat seine Zahlen für 2024. Es ist das erste Geschäftsjahr, seit Yellow B Cycling BV – die juristische Einheit des Teams – sich von Team Oranje BV getrennt hat, der Struktur, mit der man zuvor gemeinsam mit dem niederländischen Eisschnelllaufteam, nun Team Essent, kooperierte. Die zwei Schlüsselfiguren sind:
  • Robert van der Wallen, niederländischer Milliardär und Großinvestor.
  • Richard Plugge, General Manager des Teams.
Die genaue Beteiligungsstruktur ist nicht öffentlich, die Satzung deutet jedoch auf eine verstärkte Mehrheit von 71 % für Grundsatzentscheidungen hin.

Operativer Verlust von 6,1 Millionen im Jahr 2024

Laut Bericht erwirtschaftete das Team 52 Millionen Euro Umsatz, schloss 2024 aber dennoch mit 6,1 Millionen Euro operativem Verlust ab. Die Personalkosten erreichten 33 Millionen Euro, 64 % des Umsatzes – ein hoher Anteil, aber ähnlich wie bei anderen WorldTour-Teams.
Das Team – mit 172 Beschäftigten deutlich über dem Peloton-Schnitt – trägt eine sehr große Struktur, zu der auch 3,7 Millionen Euro für ausgelagerte Dienstleistungen zählen.

Erlöse geprägt von Sponsoren und Sachleistungen

72 % der Erlöse stammen aus Sponsoring. Hauptpartner sind Visma, Lease a Bike, Škoda, Cervélo, Jumbo, SRAM und Rabobank. Sachleistungen generieren zwar keinen Cashflow, werden aber als Ertrag und Aufwand verbucht, was das buchhalterische Volumen erhöht und temporäre Abschreibungsdifferenzen erzeugt (insbesondere bei Cervélo-Rädern).
Das Team Visma Lease a Bike, Zweiter der WorldTour-Rangliste
Das Team Visma Lease a Bike mit wirtschaftlichen Verlusten

Goodwill sowie Abschreibungen und Amortisation belasten die Bilanz

Der Erwerb erzeugte einen Goodwill von 10,7 Millionen Euro, der über 10 Jahre amortisiert wird und eine jährliche, sportfremde Belastung von 1,1 Millionen Euro bedeutet. Die gesamten Abschreibungen – Räder und sonstige Vermögenswerte – beliefen sich auf 4,1 Millionen Euro.

Vergleich mit anderen Teams: Nur Visma und Movistar Team schreiben Verluste

Die moneyinsport-Studie zeigt, dass die meisten der analysierten Teams 2024 nahe an der Gewinnschwelle operierten.
Teams mit operativen Verlusten
  • Visma | Lease a Bike: -6,1 Millionen
  • Movistar Team: -0,13 Millionen
Teams mit operativem Gewinn
  • UAE Team Emirates: +3,3 Millionen
  • Ineos Grenadiers: +3,1 Millionen
  • Lidl-Trek: +2,5 Millionen
  • Red Bull - Bora-Hansgrohe: +2,2 Millionen
Ursachen der Visma-Verluste sind: Teamgröße, externe Ausgaben, Goodwill-Amortisation und Verluste im Bereich Partnership & Events.

Nachhaltig nur mit mehr Geld

Diese Verluste sind vermutlich einkalkuliert: Das Management hält das aktuelle Investitionsniveau für nötig, um mit UAE Team Emirates XRG mitzuhalten. Die Fortführung dieses Modells hängt laut Studie von drei Wegen ab:
  • mehr Sponsoring
  • Personal- und Kostensenkungen
  • oder neues Eigenkapital.
Die satzungsrechtliche Änderung im Juli 2025 könnte eine Finanzierungsrunde ankündigen.

Kann dieses Modell überleben?

Der Profiradsport hängt weiterhin von Sponsoren ab, die wiederkehrende Verluste tragen können. Während die ASO Rekordgewinne bündelt (111 Millionen im Jahr 2024) und Teams um ausgeglichene Bilanzen ringen, verschärft sich die Kluft zwischen Veranstaltern und Mannschaften. Mit Beispielen wie dem Verschwinden von Arkéa-B&B Hotels und Teamfusionen warnt der Beitrag vor einem System unter Druck.
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