Während sich die Radsportsaison 2025 dem Ende zuneigt, entbrennt erneut die Diskussion über notwendige Reformen im Profisport. Besonders laut melden sich in diesem Oktober zwei erfahrene italienische Teamchefs zu Wort: Roberto Reverberi (VFGroup-Bardiani-CSF-Faizanè) und Serge Parsani (Solution Tech-Vini Fantini). Beide prangern das aktuelle
UCI-Punktesystem an, das die Mannschaftswertung und die Einladungen zu Rennen bestimmt. Ihrer Meinung nach verzerrt es die sportliche Realität, bestraft kleinere Teams und führt zu taktisch fragwürdigen Entscheidungen.
Reverberi, dessen Bardiani-Team die Saison auf dem 30. Rang abschloss, fand im Gespräch mit CyclingPro Net deutliche Worte. „Es ist eine Situation, die niemandem nützt, weil wir überall auf der Welt fahren müssen, nur um Punkte zu sammeln“, erklärte er. „Am Ende kämpft man um den 32. Platz, der völlig bedeutungslos ist. Dieses System zwingt einen, taktisch falsch zu fahren – man konzentriert sich nicht auf den Sieg, sondern auf Platzierungen, um Punkte zu sichern. Das ist ein Kampf, der keinen Sinn ergibt, zumal die Organisatoren ohnehin über Einladungen entscheiden.“
Für Reverberi spiegelt das Punktesystem nicht den wahren Wert der Teams wider. „Zwischen dem 30. und 31. Platz gibt es praktisch keinen Unterschied“, so der Italiener weiter. „Die Punktevergabe ist schlicht ungerecht und schlecht strukturiert. Es zählt mehr, ein kleines 2.2-Rennen in Asien zu gewinnen, als eine Etappe bei der Coppi e Bartali, die sportlich viel bedeutender ist. Diese Regeln müssen im Winter überarbeitet werden – in einer Phase, in der man das System ruhig und fair diskutieren kann, statt die Teams während der Saison zum Punktesammeln rund um den Globus zu zwingen.“
Auch Serge Parsani teilt die Kritik. Sein Team zeigte 2025 solide Leistungen, kämpfte aber ebenfalls vergeblich gegen das starre Punktesystem an. „Es ist zweifellos eine anomale Rangliste“, sagte er. „Ranglisten machen nur Sinn, wenn alle Teams im gleichen Kalender antreten dürfen. Wir wurden bei mehreren Rennen gar nicht zugelassen und mussten stattdessen in weit entfernte Länder wie Japan oder die USA reisen. Dass wir nicht am Giro teilnehmen konnten, hat uns massiv geschadet – aber das sind eben die Regeln der UCI, und wir müssen uns fügen.“
Parsani sieht die Ursachen auch im chaotischen Rennkalender. „Das Problem ist, dass viele Wettbewerbe ungleichmäßig verteilt sind. An manchen Wochenenden gibt es fünf Rennen gleichzeitig, danach wochenlang gar nichts“, so der erfahrene Sportdirektor. „Das System bevorzugt ohnehin schon privilegierte Teams und lässt uns anderen kaum Raum zum Atmen. Am Ende bleibt uns nur, uns anzupassen – aber gerecht ist das nicht.“