"Es ist kein Profi-Radsport-Manager" - Thymen Arensman gibt Einblicke hinter die Kulissen der INEOS-Giro-Pläne

Radsport
durch Nic Gayer
Donnerstag, 08 Mai 2025 um 16:00
arensman
Wenn am Samstag der Giro d’Italia 2025 in Albanien startet, gehört Thymen Arensman zu den Namen, die aufmerksame Beobachter ganz oben auf ihrer Liste der Geheimfavoriten führen. Der 25-jährige Niederländer vom Team INEOS Grenadiers kommt in Topform nach Südeuropa – und mit der Zuversicht, diesmal über Platz 6 hinauszukommen, den er zweimal in Folge erreichte.
Sein Frühjahr verlief nahezu bilderbuchartig: Etappensieg bei der Tour of the Alps, Gesamtzweiter ebendort, und ein Podium bei Paris-Nizza – keine schlechte Bilanz in einem Kletter- und Zeitfahrerjahrgang, der von Talent und Taktik geprägt ist. Doch was Arensman besonders macht, ist nicht nur seine Leistungsfähigkeit, sondern auch seine zugängliche, bodenständige Art – zuletzt demonstriert in einer spontanen Reddit-Q&A-Session am Vorabend des Giro.

Training, Teamdynamik und Timing

Auf Fragen zur Vorbereitung gewährte Arensman spannende Einblicke hinter die Kulissen von INEOS: "Es ist ziemlich individuell, aber wir versuchen, so viel wie möglich gemeinsam zu trainieren. Ich war mit Lucas und Castro in der Sierra Nevada, während andere wie Ben und Josh bei den Klassikern unterwegs waren." Klar wird: Die Einheit im Team entsteht nicht durch Dauerpräsenz, sondern durch Vertrauen und gemeinsame Ziele. Und: „Wir hatten ein tolles Novembercamp – wir kennen uns alle, haha!“
Besonders spannend dürfte sein Zusammenspiel mit Egan Bernal werden, dem Giro-Sieger von 2021. Bernal zeigt Anzeichen einer Rückkehr zur Form, wurde aber durch einen Sturz zurückgeworfen. Sollte er nicht bei 100 Prozent sein, dürfte Arensman die Führungsrolle übernehmen.

Der Rennalltag: Von Magen-Training bis zum Motorradlärm

Auch über die Herausforderungen einer Grand Tour sprach Arensman offen – besonders über die oft unterschätzte Rolle der Ernährung. "Den Bauch trainieren – das ist Teil des Jobs", erklärte er. 90 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde? Kein Problem – solange man vorbereitet ist: "Wenn man das untrainiert macht, ist der Magen kaputt."
Ein weniger technisches, dafür umso emotionaleres Thema war der Umgang mit der Fan-Kultur an den Strecken. Die Fackeln und Rauchbomben, die von der Straße aus entzündet werden, hält er für "schrecklich – besonders an Steigungen. Es sieht vielleicht schön aus, aber es ist einfach nicht angenehm, wenn man am Limit fährt."

Menschlich, ehrlich, motiviert

Was Arensman nach der Zielankunft einer dreiwöchigen Rundfahrt als Erstes tut? Die Antwort ist bezeichnend für seine Einstellung: "Wahrscheinlich nichts, haha. Mit unserem neuen Hund kuscheln – und meiner Freundin." Ein paar Tage Ruhe, ein Café-Besuch, keine Planung, keine Wattzahlen. Nur Leben.
Einen legendären Langstreckenangriff à la Pantani wird man von ihm nicht allzu bald sehen – zumindest nicht planmäßig. "Es ist kein Pro Cycling Manager. Die Umstände müssen passen – sonst ist es Energieverschwendung", so seine pragmatische Einschätzung. Aber wenn sich der Moment ergibt? Dann verlässt er sich auf Instinkt und Beine.
Fazit: Mit einem Mix aus Stärke, Strategie und Sympathie geht Thymen Arensman als einer der meistbeachteten Außenseiter in den Giro 2025. Und wer weiß – vielleicht wird aus dem stillen Hoffnungsträger ja doch ein großer Name im nächsten Kapitel der Grand-Tour-Geschichte.
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