Elisa Longo Borghinis Wechsel: Volltreffer oder Fehlgriff? | Mit 33 vollzieht die italienische Routinierin einen karriereprägenden Schritt

Radsport
Dienstag, 18 November 2025 um 12:30
ElisaLongoBorghini (3)
Während im Männerpeloton fast alle Stars fest als Anführer in ihren Teams eingeplant sind, erlebte das Frauenpeloton einen größeren Umbruch. Demi Vollering, Marlen Reusser und Elisa Longo Borghini gehörten zu den Fahrerinnen, die im Winter wechselten – in neue Teams und Rollen, mit unterschiedlich erfolgreichem Ausgang. Im Fall der Italienerin gibt es nach einer stimmigen Saison 2024 keinen Anlass zur Kritik.

Ende einer erfolgreichen Partnerschaft mit Lidl-Trek

Longo Borghini gehört seit Langem zur absoluten Elite, praktisch durchgehend seit 2013. Bemerkenswert ist, wie sie über mehr als ein Jahrzehnt ihr Niveau an der Spitze gehalten hat. Üblicherweise fordern körperliche oder mentale Ermüdung irgendwann ihren Tribut, doch bei Longo Borghini – eine der größten Italienerinnen und Ehefrau von Lidl-Trek-Profi Jacopo Mosca – ist das nicht zu erkennen. Nach erfolgreichen Jahren bei Wiggle High5 fuhr sie seit 2019 für das Frauenteam von Lidl-Trek, suchte im vergangenen Winter jedoch bewusst ein neues Umfeld.
Der Grund war weder fehlende Ergebnisse noch mangelhafte Unterstützung – 2024 zählte sie zu den Besten der Welt. Vielmehr lockten neue Ziele, andere Arbeitsweisen und womöglich ein zusätzlicher Impuls für eine ohnehin lange und glanzvolle Karriere. Die Wahl fiel auf UAE Team ADQ.

Erfolg in den Klassikern und funktionierende neue Partnerschaft

Der Wechsel zahlte sich sofort aus: Am Jebel Hafeet distanzierte sie im Februar ihre Rivalinnen und fuhr beim UAE Tour Gesamtsieg ihren ersten und zweiten Erfolg im neuen Trikot ein. Ein Teamziel und die Wiederholung des Triumphs – ein perfekter Einstieg für die Italienerin.
Zurück in Europa tat sie sich in der Frühjahrsphase zunächst schwer, bis sie bei Dwars door Vlaanderen den Knoten löste – zwei Wochen später folgte der Sieg beim Brabantse Pijl. Zweite wurden dort Lotte Kopecky und Marianne Vos, also gewiss kein schlechter Frühling. Luxus war es jedoch keiner: ein Ergebnis außerhalb der Top 10 bei Milano-Sanremo (nach einer späten Attacke beinahe gewonnen), ein DNF bei der Flandern-Rundfahrt und ein Verzicht auf Paris-Roubaix Femmes fielen ebenso ins Gewicht.
Bei der Vuelta a Burgos Feminas wurde Longo Borghini Zweite hinter Marlen Reusser – einer Konkurrentin, der sie im Jahresverlauf noch oft begegnen sollte – und gewann einen Monat später die italienischen Meisterschaften.
Elisa Longo Borghini gewinnt mehrere Frühjahrsrennen
Longo Borghini gewann im Frühjahr mehrere Rennen. @Imago

Sieg beim Giro Donne

Der wohl härteste Erfolg des Jahres: Beim Giro Donne beendete sie alle acht Etappen in den Top 10, musste dabei jedoch eine überragende Marlen Reusser bekämpfen. Das Rosa eroberte sie erst am vorletzten Tag am brutalen Monte Nerone, wo sie Reusser schließlich abschüttelte. Ihr Vorsprung betrug nur 22 Sekunden – entsprechend wachsam fuhr sie am Schlusstag nach Imola. Dort verteidigte sie die Gesamtführung, auch wenn Reusser nochmals Sekunden gutmachte.
Elisa Longo Borghini beim Giro Donne, den sie gewann
Longo Borghini beim Giro Donne, den sie gewann. @Imago

Gutes Saisonende...?

Wie Reusser musste auch Longo Borghini die Tour de France Femmes in den ersten Tagen mit einem Magen-Darm-Infekt aufgeben. Der Rhythmus war dahin, doch einen Monat später meldete sie sich bei Kreiz Breizh zurück, der bretonischen Klassikerin, die sie als Solistin gewann.
Zum Saisonabschluss standen starke Ergebnisse mit Siegen bei Tre Valli Varesine und Trofeo Tessile & Moda Donne. Dem gegenüber stand jedoch nur Rang 15 bei der Weltmeisterschaft, wo Italien in einem taktischen Wirrwarr die Topresultate verspielte, sowie Platz 10 bei der Europameisterschaft, als sie versuchte, Demi Vollering zu folgen und sich dabei spektakulär überzog. Unterm Strich stehen mehrere Siege, doch ohne den Giro-Donne-Titel hätten die Enttäuschungen bei Tour, WM und EM ihre Saison 2024 dominiert.
Der Transfer von Longo Borghini war ein Erfolg, und UAE Team ADQ nutzte das größere Budget klug. Das Team gewann eine neue Leaderin und schwächte zugleich eine Rivalin. Trotz ihrer 33 Jahre zeigt Longo Borghini keinerlei Anzeichen, langsamer zu werden. Ein Treffer – wenn auch knapp.
Klatscht 0Besucher 0
loading

Gerade In

Beliebte Nachrichten

Loading