Als Sieger von
Lüttich-Bastogne-Lüttich 1992 weiß
Dirk De Wolf genau, was es braucht, um das belgische Monument zu gewinnen. Für die Ausgabe 2025 erwartet der 64-Jährige ein Duell zwischen
Remco Evenepoel und Tadej Pogacar – und sieht gute Chancen für seinen Landsmann.
Im Gespräch mit Sporza nennt De Wolf fünf Gründe, warum Evenepoel Pogacar schlagen und sich zum dritten Mal in vier Jahren den Sieg sichern könnte. "Man kann Lüttich nicht mit der Flèche Wallonne vergleichen", beginnt De Wolf. "Die Anstiege sind länger, und danach folgen oft flache oder leicht abschüssige Abschnitte, wie nach La Redoute oder La Roche-aux-Faucons. Dort kann man echte Unterschiede machen."
Gerade auf diesen Zwischenstücken komme Evenepoels aerodynamischer Vorteil zum Tragen: "Er kann dort einen gleichmäßigen Rhythmus fahren, der seine Gegner zermürbt. Denken wir nur an seine Attacke gegen Wout van Aert beim Brabantse Pijl. Natürlich ist Tadej Pogacar kleiner als Van Aert, aber Remco weiß genau, wie er auf diesen Passagen Druck aufbauen kann."
Ein weiterer Pluspunkt: Evenepoel hat bislang jeden seiner beiden Starts in Lüttich siegreich beendet. "Das gibt ihm mental Rückenwind", betont De Wolf. "Wobei auch Pogacar bereits zweimal gewonnen hat. Diese beiden könnten Lüttich vier- oder fünfmal gewinnen und damit in die Nähe von Legenden wie Argentin und Merckx rücken."
Auch das Wetter könnte eine Rolle spielen: "Am Sonntag wird es deutlich besser als bei der Flèche Wallonne. Das ist ein Vorteil für Fahrer wie Remco", sagt De Wolf. "Gutes Wetter erleichtert das Fahren eines großen Gangs, der gesamte Körper funktioniert effizienter. Remco hat bewiesen, dass er Hitze gut verträgt – denken wir an Olympia, die WM in Australien oder San Sebastián."
Schließlich spielt auch die Physiologie eine Rolle: "Leichtere Fahrer wie Evenepoel profitieren bei warmen Bedingungen. Wer 70 oder 75 Kilo wiegt, verliert schneller Flüssigkeit und verbrennt mehr Kalorien. Ernährung und Flüssigkeitszufuhr werden entscheidend sein."
Evenepoel kehrt mit einem Sieg im Brabantse Pijl ins Renngeschehen zurück
Auch in puncto Frische sieht Dirk De Wolf Remco Evenepoel im Vorteil gegenüber Tadej Pogacar. "Er hat erst kürzlich seinen Trainingsblock absolviert, wirkt aber bereits messerscharf", betont De Wolf. "Vor acht Wochen hatte er noch mit Gewichtsproblemen zu kämpfen, aber das ist jetzt komplett behoben. Remco wird am Sonntag bereit sein, daran gibt es keinen Zweifel."
Einzig Pogacars beeindruckende Vorstellung bei der Flèche Wallonne werfe einen kleinen Schatten: "Wir dachten, Pogacar könnte nach dem Amstel Gold Race angeschlagen sein, aber das war am Mittwoch offensichtlich nicht der Fall."
Dennoch sieht De Wolf positive Aspekte in Evenepoels Vorbereitung: "Remco ist am Mittwoch bei Kälte sehr weit gefahren – das kann sogar ein Vorteil sein. Es schadet nie, den Tank unter der Woche zu leeren, wenn man auf ein großes Rennen zusteuert. In den vergangenen Tagen konnte er gezielt an seiner Spitzengeschwindigkeit arbeiten. Und wir wissen: Wenn Remco noch in der Aufbauphase ist, wird er von Tag zu Tag stärker – genau dann sind seine spektakulären Solo-Attacken möglich."
Selbst für den Fall eines Sprintduells sieht De Wolf Evenepoel nicht chancenlos. "Der Sprint in Lüttich ist nicht so steil wie beim Brabantse Pijl", erklärt er. "Aber Remco hat gezielt an seiner Explosivität gearbeitet. Falls er Pogacar nicht abschütteln kann, könnte er ihn im Sprint schlagen."