Die Schotter-Weltmeisterschaften boten am Sonntag ein spektakuläres und dramatisches Rennen – mit einem packenden Finale, in dem
Lorena Wiebes ihren ersten Weltmeistertitel in dieser Disziplin errang. Doch ihr Triumph wurde von einem bitteren Beigeschmack begleitet: Ihre Landsfrau
Shirin van Anrooij wurde auf den letzten Metern durch eine umstrittene Aktion ihrer Teamkollegin um den Sieg gebracht.
Ein Sieg mit gemischten Gefühlen
„Dieser Weltmeistertitel ist fantastisch. In diesem Trikot zu fahren, wird mir zusätzliche Motivation geben“, sagte Wiebes nach dem Rennen zu Wielerflits. „Ich konnte Marianne [Vos] an den Anstiegen folgen und wusste, dass der letzte Anstieg am Berg en Terblijt schwierig sein würde. Ich musste mein Tempo gut einteilen und mich nicht überanstrengen.“
Wiebes, die für ihr Sprinttalent bekannt ist, bewies an diesem Tag auch auf den Schotterabschnitten enorme Stärke. Ihr Sieg war das Ergebnis einer Kombination aus Teamarbeit, taktischem Geschick und purer Ausdauer. Sie lobte insbesondere ihre SD-Worx-Teamkollegin Julia Kopecky, die im Trikot der tschechischen Nationalmannschaft startete:
„Ich muss mich bei Kopecky bedanken. Es ist erstaunlich, wie stark sie gefahren ist. An einem Punkt fragte sie mich, ob ich den Sprint gewinnen könne – ich sagte ja, und dann hat sie alles gegeben.“
Verwirrung um Kastelijns Entscheidung
Doch während Wiebes jubelte, herrschte im niederländischen Lager Ratlosigkeit über die Taktik von Yara Kastelijn. Die Fenix-Deceuninck-Fahrerin, die auf der Straße Teamkollegin von Van Anrooij, Vos und Wiebes ist, entschied sich auf den letzten Kilometern, das Tempo in der Verfolgergruppe anzuziehen – und holte Van Anrooij nur 300 Meter vor dem Ziel ein, obwohl diese kurz davor war, den Weltmeistertitel zu sichern.
Diese Aktion sorgte für Kopfschütteln im gesamten Fahrerfeld. Van Anrooij, die eine beeindruckende Solo-Leistung gezeigt hatte, verlor dadurch ihre Siegchance – Wiebes nutzte die Situation eiskalt und sprintete zum Sieg.
Wiebes’ Reaktion: „Ich hoffe, ich kann es ihr eines Tages zurückgeben“
Trotz des Triumphs zeigte sich Wiebes nachdenklich über den unglücklichen Ausgang für ihre Landsfrau:
„Ich hoffe, dass ich Shirin eines Tages bei einer Straßen-WM oder Europameisterschaft etwas zurückgeben kann“, sagte sie nach dem Rennen.
Der Sieg bringt Wiebes ihr erstes Regenbogentrikot auf Schotter und festigt ihren Status als eine der vielseitigsten Fahrerinnen des Pelotons – doch die ungewöhnlichen letzten Meter dieses Rennens werden wohl noch lange Gesprächsthema bleiben.