„Wir haben uns gesagt, dass wir die Besten sind“ – Tim Wellens über den Pogacar-Effekt, Isaac del Toro und die Siegermentalität des UAE-Teams

Radsport
Dienstag, 04 November 2025 um 14:00
Tim Wellens
Die Saison 2025 des UAE Team Emirates – XRG wird als Jahr der totalen Dominanz in Erinnerung bleiben. Kein Team gewann häufiger, auf keinem Terrain war man schwächer. Doch es war auch das Jahr, in dem Isaac del Toro endgültig seinen Durchbruch als neue Grand-Tour-Kraft feierte. Im Gespräch mit L’Équipe blickt Tim Wellens auf den Aufstieg des Mexikaners, das Innenleben der „Siegermaschine“ und seine eigenen Ziele für die Klassiker.

Del Toro als Energiequelle

Del Toros Leistungsexplosion im Spätherbst zählte zu den Geschichten des Jahres. Wellens erinnert sich mit Begeisterung daran, Teil dieser Entwicklung gewesen zu sein: „Vor den italienischen Rennen am Ende der Saison waren alle müde, aber ich habe mich wirklich auf das Rennen gefreut, weil ich wusste, dass Isaac del Toro dabei ist“, so der Belgier. „Es war fast sicher, dass er jedes Mal gewinnen würde. Es war unglaublich, Teil dieser Energie zu sein.“
Was ihn besonders beeindruckte, war die Reife des erst 21-Jährigen: „Er ist sehr clever und wirkt, als wäre er zehn Jahre älter. Selbst im Rennen weiß er immer, was zu tun ist. Nach dem Giro hat er zwar nicht gewonnen, aber er hat dem Team so viel gegeben – das motiviert alle.“

„Wir sind die Besten“ – Selbstvertrauen als Erfolgsfaktor

Die Saison der VAE war ein Triumphzug. Mit fast 100 Siegen dominierte das Team die wichtigsten Rennen. Für Wellens war das kein Zufall, sondern eine Frage der Haltung: „Vor dem GP de Montréal sagten wir: ‚Es gibt keinen Grund, sich zu stressen – wir sind die Besten.‘ Und dann haben wir das Rennen komplett kontrolliert. Ich hoffe, das wirkt nicht arrogant, aber ich verstehe, wenn es frustriert.“
Hinter der Erfolgsserie steckt harte Arbeit. „Eines Tages kamen wir gerade aus Abu Dhabi zurück, alle waren erschöpft – und Isaac ging trotzdem in der Hitze trainieren“, erzählt Wellens. „Diese Mentalität zieht sich durch die ganze Mannschaft.“

Der Pogacar-Effekt

Tadej Pogacar bleibt der Fixpunkt des Teams – sportlich und menschlich. „Wenn ich nicht in seinem Team wäre, würde er mir vielleicht auf die Nerven gehen“, sagt Wellens mit einem Schmunzeln. „Aber ich sehe, wie hart er arbeitet. Für mich ist er der professionellste Fahrer im Team, gemeinsam mit Juan Ayuso.“
Die Anwesenheit des Weltmeisters verändere alles: „Wenn Tadej da ist, ist alles besser. Die Atmosphäre ist entspannter, wir lachen mehr – und selbst die Mitarbeiter sind noch motivierter.“

Klassikerkämpfer mit eigenen Träumen

Trotz seiner Rolle als Edelhelfer will Wellens weiter angreifen. Seine Ziele für 2026 sind klar gesteckt: „Wir sprechen darüber, bei Paris–Roubaix anzugreifen“, verrät der Belgier. Auch wenn Pogacar am Start steht, will er Chancen nutzen: „Bei Strade Bianche war ich der Letzte, der ihm geholfen hat – und wurde trotzdem Dritter.“
Den Traum vom großen Klassiker hat er nie aufgegeben. „Natürlich möchte ich die Flandern-Rundfahrt gewinnen. Aber ehrlich gesagt, wenn ich einen der Klassiker gewinne, wäre das schon fantastisch.“

Eine Dynastie im Entstehen

Mit del Toros Aufstieg, Pogacars Präsenz und einer Siegermentalität, die fast unheimlich wirkt, formt sich bei UAE eine Ära der Dominanz. Für Wellens bedeutet das Klarheit: „Arbeite für Großes, nutze deine Momente – und höre nie auf zu glauben.“
Das Team bleibt hungrig. Und während der Blick schon auf 2026 gerichtet ist, lebt in Wellens ein Traum weiter – der vom Triumph in Flandern.
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