Die anhaltende Krise beim ehemals als Israel–Premier Tech bekannten Team hat nun einen entscheidenden Wendepunkt erreicht: Der kanadische Konzern Premier Tech beendet sein Co-Titel-Sponsoring mit sofortiger Wirkung. Zur Begründung erklärte das Unternehmen, der ursprüngliche „Hauptgrund“ für das Engagement sei inzwischen „so weit in den Hintergrund gerückt, dass eine Fortführung nicht mehr tragbar“ erscheine.
Der Rückzug erfolgt in einer Phase, in der das Team bereits unter monatelangen politischen Spannungen, Rennausschlüssen und wachsendem Unbehagen der Partner leidet. Immer wieder gab es in dieser Saison Proteste gegen die Verbindung zur israelischen Staatsführung – und die Auswirkungen auf die Sponsoren sind nun offenbar nicht länger zu ignorieren.
Es ist für uns unhaltbar geworden, weiterzumachen".
In einer ausführlichen Erklärung bestätigte Premier Tech das sofortige Ende der seit 2022 bestehenden Partnerschaft – und begründete den Schritt mit einer deutlichen Verschiebung der Prioritäten innerhalb des Projekts.
„Nach mehreren Gesprächen mit dem Team und einer sorgfältigen Bewertung aller relevanten Umstände hat Premier Tech beschlossen, als Co-Titelsponsor des Teams mit sofortiger Wirkung zurückzutreten.
Obwohl wir die Entscheidung des Teams, seinen Namen für die Saison 2026 zu ändern, zur Kenntnis genommen haben, ist der Hauptgrund für Premier Tech, das Team zu sponsern, so weit in den Hintergrund getreten, dass es für uns unhaltbar geworden ist, als Sponsor weiterzumachen.
Stufe 11 wurde wegen der Proteste gegen Israel neutralisiert - Premier Tech. @Sirotti
In erster Linie möchten wir dem Team – Fahrern und Mitarbeitern – für die vier unvergesslichen Saisons an ihrer Seite danken und ihre unglaublichen Leistungen und ihre Professionalität auf und abseits der Straße würdigen.
Wir sind seit 30 Jahren im Radsport tätig, aber vor allem haben wir eine Leidenschaft für unsere Branchen, unsere Märkte, unsere Kunden und unsere Teammitglieder seit 1923. Sie sind das Herzstück unseres Unternehmens und der Grund für die Existenz von Premier Tech. Wir möchten, dass jeder dieser Stakeholder begeistert und stolz darauf ist, mit Premier Tech, seinen Marken, Produkten und Dienstleistungen in Verbindung gebracht zu werden.
Das Ziel von Premier Tech im Radsport war es schon immer, Brücken über alle Ebenen des Sports hinweg zu bauen und den Athleten und Mitarbeitern den Weg zu ebnen, um ihr volles Potenzial zu erreichen. Die Unterstützung des Wachstums des Sports sowie die Entwicklung von Radsportlern aus Québec und Kanada stehen im Mittelpunkt dieses Engagements – und werden es auch in Zukunft bleiben.“
Der Dank klang aufrichtig – doch die Botschaft blieb eindeutig: Der politische Ballast rund um das Team hatte den ursprünglichen Anspruch, ein Sprungbrett für kanadische Talente zu sein, längst überschattet.
Von Protesten bis zur Implosion
Der Ausstieg von Premier Tech erfolgt nur wenige Monate nach der bisher turbulentesten Phase des Teams. Bei der Vuelta a España 2025 eskalierten massive Demonstrationen gegen die Anwesenheit der Mannschaft zu Szenen, die den Abbruch der Schlussetappe in Madrid erzwangen. Die Organisatoren der Proteste warfen dem Team angesichts des anhaltenden Konflikts im Gazastreifen „Sportswashing“ vor. Die Entscheidung der Veranstalter und der UCI, die Mannschaft überhaupt starten zu lassen, wurde scharf kritisiert.
Seitdem sieht sich das Team mit einer Reihe weiterer Herausforderungen konfrontiert:
- Boykott-Debatten zwischen rivalisierenden Teams und Rennveranstaltern, die Sicherheits- und Reputationsbedenken geltend machen.
- Ausschluss vom Giro dell’Emilia aus Sicherheitsgründen.
- Ultimaten von Sponsoren, insbesondere Factor Bikes, die verlangen, dass die israelische Flagge und der Teamname vor 2026 entfernt werden.
- Ein 30-Millionen-Euro-Rechtsstreit mit dem kanadischen Fahrer Derek Gee, der seinen Vertrag aufgrund persönlicher Überzeugungen gekündigt hat.
Inmitten dieser eskalierenden Kontroversen kündigte Miteigentümer
Sylvan Adams an, sich aus dem Tagesgeschäft zurückzuziehen und das Team für 2026 umzubenennen, um das Image zu „entpolitisieren“. Doch selbst diese Maßnahme scheint nicht auszureichen, um Kritiker und Sponsoren zu beruhigen.