Das belgische Talent
Cian Uijtdebroeks wird Visma | Lease a Bike verlassen und bei Movistar ein neues Kapitel seiner Karriere aufschlagen. Der überraschende Wechsel des 22-Jährigen sorgt in der Radsportwelt für Diskussionen. Uijtdebroeks stand bei Visma eigentlich noch bis 2027 unter Vertrag – ein vorzeitiger Abschied, der in diesem Sport selten vorkommt und deshalb als kleiner Schock gilt.
Die Eurosport-Analysten Jeroen Vanbelleghem, Bobbie Traksel und Jan Hermsen analysierten die Hintergründe und möglichen Folgen des Transfers.
„Uijtdebroeks fühlt sich bereit für große Rundfahrten und Etappenrennen – auch wenn er noch nicht ganz so weit ist“, sagte Vanbelleghem in der Sendung Kop over Kop,
zitiert von In de Leiderstrui. „Ich hatte erwartet, dass er bei Visma noch einige Jahre im Schatten der großen Fahrer bleibt, um sich dort weiterzuentwickeln.“
Vanbelleghem betonte zudem, welche Lernmöglichkeiten Uijtdebroeks bei Visma gehabt hätte: „Sie haben Fahrer wie
Matteo Jorgenson, Simon Yates und natürlich
Jonas Vingegaard. Ein Wechsel zu einem Team wie Movistar, das weniger strukturierte Abläufe hat, erscheint daher nicht als perfekte Wahl – auch wenn er dort sofort die Rolle des Teamleaders übernehmen könnte, da im Prinzip nur Enric Mas diese Position innehat.“
Bobbie Traksel zeigte dagegen Verständnis für den Schritt: „Ich finde den Wechsel logisch. Für ihn gab es nur zwei Optionen: Movistar oder Astana. Er mag keine starren Strukturen – er geht oft an seine Grenzen und hat Schwierigkeiten mit Regeln und Protokollen. Bei Visma zählt jedes Detail, jeder Zeitplan, jede Disziplin. Ein freieres Team wie Movistar könnte genau das sein, was er sucht.“
Jan Hermsen zog einen interessanten Vergleich: „Er ist ein bisschen wie der Belgier
Tom Dumoulin – bei ihm ist immer etwas los. Er lässt sich stark von seinem Trainer beeinflussen. Im Herbst hat er zwar gewonnen, aber nicht überzeugend.“
Tatsächlich stammen Uijtdebroeks’ bisher einzige Profisiege aus dem Sommer 2024, als er bei der Tour de l’Ain die letzte Bergetappe und die Gesamtwertung gewann. Danach blieb ein weiterer Erfolg jedoch aus.
Ist Cian Uijtdebroeks der überraschendste Transfer der Saison? @Sirotti
„Sonst hätte er die Tschechien-Rundfahrt oder die Slowakei-Rundfahrt gewonnen“, meinte Hermsen. „Er ist definitiv noch nicht bereit, um bei einer großen Rundfahrt um den Gesamtsieg zu kämpfen.“
Vanbelleghem vermutete zudem ein zerrüttetes Verhältnis zwischen Fahrer und Team: „Visma wird froh sein, dass er weg ist. Er ist zwar erst 22, aber die Art, wie schnell er sich nach dem Wechsel bei seinem neuen Team gemeldet hat, zeigt, dass intern etwas nicht gestimmt hat. Man hat nicht das Gefühl, dass Visma alles getan hat, um ihn zu halten.“
Traksel blickte dennoch optimistisch nach vorn: „Bei seiner ersten großen Rundfahrt, der Vuelta 2023, wurde er Achter. Wenn er dieses Niveau wieder erreicht, kann er Movistar wertvolle Punkte bringen. Bekommt er dort den nötigen Freiraum und weniger Druck, könnte der Wechsel für beide Seiten zur Win-Win-Situation werden.“
Hermsen schloss sich dem teilweise an, warnte aber vor überzogenen Erwartungen: „Es ist ein Sprung ins Ungewisse, aber vielleicht genau das, was er braucht. Wenn er reifer in seiner Herangehensweise wird, kann dieser Wechsel ihn weiterbringen. Doch jetzt muss er erst beweisen, dass er bei den großen Rundfahrten wirklich mithalten kann.“
Es ist nicht das erste Mal, dass Uijtdebroeks ein Team trotz laufenden Vertrags verlässt. Bereits 2023 hatte er angekündigt, zu Visma zu wechseln, obwohl sein Vertrag bei Bora–Hansgrohe noch bis 2024 lief. Damals begründete er den Schritt mit angeblichem Mobbing innerhalb des Teams, wo er sich als Außenseiter behandelt fühlte – Vorwürfe, die Bora stets dementierte.