Trainer über Pidcocks Wandel: „Er muss nicht mehr mit der Schlinge um den Hals fahren“

Radsport
Freitag, 07 November 2025 um 7:00
tompidcock
Tom Pidcocks Wechsel zu Q36.5 Pro Cycling scheint genau der Befreiungsschlag gewesen zu sein, den der vielseitige Brite gebraucht hat, um sein wahres Potenzial abzurufen. Plötzlich stand Pidcock bei den größten Rennen der Welt – von der Vuelta a España über La Flèche Wallonne bis hin zur Strade Bianche – regelmäßig auf dem Podium. Fast im Alleingang sammelte der 26-Jährige dabei die Hälfte aller UCI-Punkte seines neuen Teams und sicherte Q36.5 damit eine automatische Einladung zu sämtlichen WorldTour-Events.
„Ich denke, Tom hat in diesem Jahr gezeigt, dass er zu jener Gruppe hinter Pogacar gehört“, erklärte sein Trainer Kurt Bogaerts im Gespräch mit Velo. „Wir haben das bei der Strade Bianche gesehen – und auch wenn Pogacar nicht bei der Vuelta am Start war, hat Tom dort einen neuen Mut gezeigt, sich mit den Besten anzulegen. Das hat ihm zuvor ein wenig gefehlt. Jetzt müssen wir sehen, wohin ihn das noch führen kann.“
In Siena war Pidcock der einzige Fahrer, der 80 Kilometer vor dem Ziel die explosive Attacke von Tadej Pogacar kontern konnte. Auch wenn der Weltstar ihn letztlich distanzierte, war das verlorene Selbstvertrauen in diesem Moment zurück.
„Dadurch, dass er über das ganze Jahr hinweg mit den stärksten Fahrern mithalten konnte, hat Tom auch den Glauben gewonnen, aus dieser Position heraus an einem guten Tag gewinnen zu können“, sagt Bogaerts. „Das war für seine Entwicklung enorm wichtig – für den weiteren Verlauf der Saison und für die kommenden Jahre. Tom weiß jetzt, dass er nicht mit einer Schlinge um den Hals fahren muss.“
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Vielversprechende Zukunft

Dank des „Pidcock-Faktors“ befindet sich Q36.5 Pro Cycling in einer hervorragenden Ausgangsposition für die kommende Saison. Das Team kann seinen Rennkalender nun weitgehend selbst bestimmen, und die starken Auftritte des Briten haben gleich mehrere namhafte Neuzugänge angelockt – darunter Fred Wright, Chris Harper, Eddie Dunbar und Quinten Hermans. Das nächste große Ziel liegt klar auf der Hand: die Tour de France.
„Das Team hat im vergangenen Jahr einen großen Schritt nach vorn gemacht, und wir sind nun in einer Position, in der wir alle Wildcard-Einladungen für 2026 erhalten sollten“, erklärt Bogaerts. „Wir müssen also nicht bis zur letzten Minute zittern, sondern haben früh Planungssicherheit. Jetzt geht es darum, das optimale Programm zu finden, das Tom in Bestform zur Tour bringt.“
Nach seinem Podiumsplatz bei der Vuelta möchte Pidcock auch bei der Grande Boucle seine Spuren hinterlassen. Dabei soll der Fokus – zumindest vorerst – nicht zwingend auf der Gesamtwertung liegen.
„Wir sollten den Ansatz der Vuelta wiederholen. Dort hat die Wertung am Ende gut funktioniert – aber ich glaube nicht, dass das unser generelles Hauptziel sein muss“, betont sein Trainer.
Stattdessen bleibt die Devise: Chancen nutzen, Etappen jagen, und was sich ergibt, wird mitgenommen.
„Ein Etappensieg sollte das erste große Ziel sein, und dann schauen wir, wie sich das Rennen entwickelt“, so Bogaerts. „Eine Top-10-Platzierung lässt sich – wie wir bei der Vuelta gesehen haben – durchaus mit einem Etappensieg kombinieren.“

Weniger MTB gleich bessere Ergebnisse?

Der Schlüssel zu Pidcocks Entwicklung lag aus Sicht seines Trainers darin, dass der Olympiasieger im XCO 2025 deutlich weniger Mountainbike-Rennen fuhr und seinen Fokus erstmals konsequent auf den Straßenradsport legte – eine Disziplin, die für ihn zuvor nie an erster Stelle stand.
„Es war Toms erstes Jahr mit einem klaren Schwerpunkt auf der Straße“, erklärt Bogaerts. „Das hat mir großes Vertrauen gegeben, dass er sich noch stark weiterentwickeln kann. Er ist noch jung – bis dieses Jahr galt seine volle Aufmerksamkeit eher dem Offroad-Bereich.“
Dass Pidcock dem Gelände komplett den Rücken kehrt, steht jedoch nicht zur Debatte. Mountainbike, Cyclocross und Gravel werden auch künftig Teil seines Profialltags sein – aber nicht mehr der Mittelpunkt.
„Seine Ziele im Mountainbike und Cyclocross haben enorm viel mentale Energie gefordert“, sagt sein Trainer. „Doch nachdem er dort so viel erreicht hat, verspürt er wieder den Hunger, sich auf der Straße zu beweisen. Er hat neue Leidenschaft, um dort voll anzugreifen.“
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