Mit gerade einmal 18 Jahren gilt Paula Ostiz aus Pamplona als eines der größten Talente des internationalen Frauenradsports. Die Spanierin blickt auf ein historisches Jahr 2025 zurück: vier Medaillen bei den Europa- und Weltmeisterschaften – darunter dreimal Gold und einmal Silber. Nun wagt sie den Sprung ins Profi-Peloton: Ab 2026 wird Ostiz für das
Movistar Team fahren und ihr Debüt in der UCI Women’s WorldTour geben.
„Ich wollte nie Zeit verschwenden“
In einem ausführlichen Gespräch mit Mundo Deportivo blickt Ostiz auf ihre Anfänge zurück – und auf ihren außergewöhnlichen Ehrgeiz schon als Kind.
„Ich würde sagen, ich bin eine 18-Jährige mit viel Ambition, die einfach Spaß am Radfahren hat“, beschreibt sie sich selbst. „Meine Brüder Toni und Raúl fingen zuerst an, und mein Vater war ein großer Fan von Miguel Indurain. So kam ich schon mit vier oder fünf Jahren mit dem Radsport in Berührung.“
Schon früh zeigte sich ihr Wettbewerbsgeist: „Ich erinnere mich, dass ich meinen Eltern sagte, ich wolle gleich beim ersten Rennen gewinnen – ich sei nicht da, um Zeit zu verschwenden. Ich wollte immer alles gewinnen, auch wenn ich gelernt habe, dass man Schritt für Schritt gehen muss. Jetzt, mit dem Wechsel in die WorldTour, beginnt eine ganz neue Welt.“
Vom Wunderkind zur Doppel-Europameisterin
Ostiz fiel schon in den Jugendkategorien durch ihr außergewöhnliches Talent auf. „Ich weiß nicht mehr genau, wo mein erstes Rennen war, aber schon damals schlug ich die Jungs“, erzählt sie. „Irgendwann durfte ich nicht mehr gegen sie antreten, weil sich Eltern beschwerten, dass ein Mädchen ihre Söhne besiegt. Danach bin ich nur noch gegen Mädchen gefahren – das war ehrlich gesagt langweilig.“
2025 folgte dann der internationale Durchbruch: Doppelsieg bei den Europameisterschaften (Straße und Zeitfahren) sowie Gold im Straßenrennen und Silber im Zeitfahren bei den Weltmeisterschaften in Kigali. Eine Bilanz, die sie endgültig zur neuen Hoffnung des spanischen Frauenradsports machte.
„Diese Erfolge waren das Ziel, das ich mir gesetzt hatte“, sagt Ostiz. „Ich verdanke viel meinem Trainer Imanol Etxarri. Er war immer an meiner Seite, in guten und schlechten Zeiten – ohne ihn hätte ich diese Ergebnisse nicht erreicht.“
Paula Ostiz, Weltmeisterin in Kigali.
Der Sprung in die WorldTour
Dass Ostiz nach dieser Saison Angebote aus der gesamten WorldTour erhielt, war keine Überraschung. Doch die Spanierin entschied sich bewusst für Movistar – und gegen lukrative Optionen aus dem Ausland.
„Ich wollte unbedingt für Movistar unterschreiben“, erklärt sie. „Die Teams aus den Vereinigten Arabischen Emiraten waren damals noch nicht auf dem heutigen Niveau. Ich wollte lieber im Heimteam bleiben und hier wachsen.“
Die Nachwuchsweltmeisterin hat beim spanischen Topteam einen Vertrag bis 2028 unterschrieben. Über ihren Rennkalender 2026 weiß sie noch wenig: „Ich denke, ich werde einige Klassiker fahren und dann schauen, wie ich mich Schritt für Schritt entwickle.“
„Ich sehe mich bei der Tour oder beim Giro“
Über ihren Fahrstil und ihre Zukunft sagt Ostiz: „Ich weiß noch nicht genau, welcher Fahrertyp ich bin. Das wird sich nächstes Jahr zeigen. Ich weiß aber, dass ich an langen Anstiegen noch besser werden muss.“
Und auf die Frage, ob sie sich eines Tages bei den großen Rundfahrten sieht, antwortet sie ohne Zögern: „Ja, ich sehe mich da. Giro, Tour oder Vuelta – aber es ist noch zu früh. Im Moment genieße ich jedes Rennen, die Anstrengung, das Teamgefühl. Wenn man keinen Spaß hat, macht es keinen Sinn.“
Idole und Vorbilder
Ihre sportlichen Vorbilder hat sie sowohl im Männer- als auch im Frauenradsport gefunden. „Seit meiner Kindheit war Alejandro Valverde mein Idol. Dass er 2018 bei meinem Weltmeistertitel an meiner Seite stand, war unglaublich. Ich mochte ihn immer für seinen Ehrgeiz und seine Ausdauer – er hat nie aufgegeben und wurde mit 38 Jahren Weltmeister.“
Auch heute blickt sie zu den ganz Großen auf: „Ich mag Pogacar und Evenepoel, und bei den Frauen inspirieren mich Demi Vollering, Marlen Reusser, Lotte Kopecky und Riejanne Markus.“
Mit diesem Selbstvertrauen und einer beeindruckenden Bilanz tritt Paula Ostiz nun in die Fußstapfen ihrer Idole – bereit, die nächste große Ära im spanischen Frauenradsport einzuleiten.