Die jüngste
Weltmeisterschaft– ebenso wie die bereits feststehenden kommenden Austragungen – haben eines gemeinsam: Sie sind alles andere als sprinterfreundlich. Die letzte echte Titelchance für die Schnellsten bot sich 2016 in Doha, Katar, allenfalls noch 2017 in Bergen, Norwegen. Beide Male gewann Peter Sagan – der letzte Fahrer aus der Sprinterzunft im Regenbogentrikot, auch wenn der Slowake bekanntermaßen weit mehr war als nur ein Endschneller.
Seit Bergen blieb den klassischen Sprintern meist nur die Rolle der Zuschauer, während leichtere, vielseitigere Fahrer um die WM-Titel kämpften. Gelegentlich dienten die Europameisterschaften als Trostpflaster. Doch auch dort ist der Kurs längst kein Garant mehr für einen Massensprint: 2025 wartet in der Ardèche ein extrem schweres Profil, und 2026 in Slowenien ist die Strecke praktisch maßgeschneidert, um Tadej Pogačar zur Teilnahme zu motivieren.
Mit den anstehenden Weltmeisterschaften in Montreal (Kanada) und anschließend in den Französischen Alpen sind Massensprints bei einer WM bis mindestens 2028 äußerst unwahrscheinlich.
Diese Entwicklung trifft einen der schnellsten Männer des aktuellen Pelotons besonders: Europameister 2024
Tim Merlier. „Jede Sprintergeneration sollte wenigstens eine echte Chance auf den WM-Titel bekommen“,
sagte er im Interview mit Het Laatste Nieuws. „Gegen einen Regenbogenkampf, der den schnellen Jungs liegt, ist doch wirklich nichts einzuwenden.“
Abu Dhabi ist nicht länger das gelobte Land für Sprinter
Und was bleibt der beinahe vom Aussterben bedrohten Sprinterzunft? Ihr Blick richtet sich nun auf die WM 2028. Austragungsort: Abu Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate. Auf dem Papier das perfekte Setting für ein flaches Rennen, in dem höchstens Windkanten für Selektion sorgen – oder?
Denkste.
„Sie arbeiten daran – an einem künstlichen Hügel. Direkt neben der Rennstrecke“, sagte Merlier mit einem halb scherzhaften Unterton über die Chancen auf einen welligeren Kurs in Abu Dhabi.
Neben dem Yas-Marina-Circuit, so der amtierende Europameister, errichten die lokalen Behörden einen „Berg, den wir bei der UAE Tour jedes Jahr weiter wachsen sehen“.
Die spanische Zeitung Marca griff Merliers Aussagen auf und lieferte zusätzliche Details. Demnach wird tatsächlich ein markanter Hügel gebaut. Auf der Insel Hudayriyat entstehen mehrere künstliche Hindernisse – das prominenteste ist der Al-Wathba-Hügel. Die Bauarbeiten begannen bereits 2023, zunächst mit einem 1,4 Kilometer langen Anstieg bei durchschnittlich sechs Prozent.
Für Hobbyfahrer ein ernstzunehmender Prüfstein, für Profis – inklusive Sprinter – zunächst noch kein Anstieg, der ein WM-Rennen entscheiden würde. Doch die Emiratis scheinen nachzulegen. Laut Marca soll der Anstieg auf rund zwei Kilometer verlängert werden, gekrönt von einem wirklich selektiven Schlussstück: 500 Meter mit durchschnittlich elf Prozent.
Zieht ein Fahrer wie Tadej Pogačar an solchen Rampen das Tempo an, würden Sprinter vom Kaliber eines Tim Merlier chancenlos zurückbleiben und nur noch den Staub des Slowenen sehen. Immerhin: Die gefürchteten Anstiege Jebel Hafeet und Jebel Jais sollen kein Teil der WM-Strecke sein.
„Und außerdem bin ich dann fast 36“, ergänzt Merlier realistisch. „Zweifellos wird bis dahin eine jüngere Sprintergeneration herangewachsen sein.“