„Oft verpasst man Familie und Freunde – wir verbringen fast 1.000 Stunden im Jahr auf dem Rad“: warum Florian Lipowitz das Radfahren trotzdem liebt

Radsport
Montag, 22 Dezember 2025 um 8:50
florianlipowitz
Platz drei bei der Tour de France hat Florian Lipowitz vom respektierten Etappenrennen-Talent zu einem der meistdiskutierten Fahrer im Peloton gemacht.
Mit dem Durchbruch kamen Aufmerksamkeit, Erwartungen und Druck, doch der Deutsche betont, dass sich seine grundlegende Beziehung zum Radsport nicht verändert hat.

Zwischen Tour-Podium, Druck und Freude am Fahren

Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung stellte Lipowitz klar, dass Erfolg seinen Blick auf das Leben neben dem Rad nicht verschoben hat. „Radsport ist eine Sache, aber für mich nicht alles. Es gibt Phasen, in denen es stressig ist und sich alles darum dreht. Aber ich brauche auch Phasen, in denen der Radsport in den Hintergrund rückt.“
Statt den Hype nach seinem Tour-de-France-Podium zu umarmen, ist der 25-Jährige bewusst auf Abstand gegangen. Er erkennt die wachsende Beobachtung an, betont aber, dass der meiste Druck ohnehin von innen kommt. „Man setzt sich selbst schon genug unter Druck, weil man gut performen will. Deshalb versuche ich, mich davon abzuschirmen und nicht zu viel nachzudenken.“

Die Realität hinter dem romantischen Bild

Lipowitz widerspricht auch dem idealisierten Bild, das dem Leben als Berufsradfahrer oft anhaftet. Trainingslager auf Mallorca oder Teneriffa klingen verlockend, doch er verweist auf den Preis, den dieser Lebensstil fordert.
„Es klingt immer schön, wenn man sagt, man ist drei Wochen im Trainingslager auf Mallorca oder Teneriffa. Aber man opfert viel“, sagt der Etappenrennen-Spezialist von Red Bull - BORA - hansgrohe. „Wir sind jedes Jahr an vielen Tagen unterwegs. Das ist viel Zeit, die man mit Familie und Freunden verpasst. Deshalb kann man das nur machen, wenn es einem wirklich Spaß macht und wenn der Radsport einem auch viel zurückgibt.“
Für Lipowitz bleibt Freude der entscheidende Faktor. „Wir verbringen fast 1.000 Stunden im Jahr auf dem Rad. Wenn man daran keinen Spaß hat, würde man es nicht tun“, erklärt er, räumt aber ein, dass Motivation nicht immer sofort da ist. „Es gibt auch Tage, an denen das Wetter schlecht ist und fünf Stunden im Plan stehen, an denen es ein bisschen länger dauert, bis man tatsächlich rausfährt.“

Reset vor der nächsten Herausforderung

Diese Haltung prägte auch seine Entscheidung, seine Saison 2025 frühzeitig zu beenden und sich aus dem Rennbetrieb zurückzuziehen, um mental zu resetten. Damals sagte Lipowitz, er wolle „den Kopf komplett freibekommen“ – eine Entscheidung, die zu seinem grundsätzlichen Ansatz passt, Ehrgeiz mit Perspektive zu balancieren.
Die kommende Saison bringt interne Konkurrenz durch die Ankunft des belgischen Stars Remco Evenepoel, doch Lipowitz’ Aussagen deuten darauf hin, dass er geerdet bleibt. Erfolg, Aufmerksamkeit und Erwartungen mögen schwanken, doch seine Motivation entspringt weiter einem einfachen Antrieb: der Freude am Fahren, selbst wenn die Anforderungen des Sports wachsen.
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