Der Giro d’Italia 2025 hat kaum begonnen, und schon liefern sich die Stars packende Duelle: Mads Pedersen schnappte sich auf der ersten Etappe das Rosa Trikot vor Wout Van Aert, im Zeitfahren schlug Josh Tarling überraschend
Primoz Roglic. Auf der dritten Etappe dürften die Puncheure erneut ihre Chance wittern. Und doch fehlt bislang ein Name auf den Siegerlisten, der in dieser Saison sonst omnipräsent ist: UAE Team Emirates – XRG.
Das Überteam des Frühjahrs, das bereits 37 Siege eingefahren hat, wirkt ungewohnt blass. Besonders im Vergleich zum vergangenen Jahr, als Tadej Pogacar den Giro nach Belieben dominierte, sechs Etappen gewann und das Rosa Trikot mit fast zehn Minuten Vorsprung holte. 2025 fehlt der slowenische Superstar – und das verändert alles.
Die neue Doppelspitze des Teams bilden
Juan Ayuso und
Adam Yates, wobei Ayuso eindeutig als Nummer eins gehandelt wird. Der 22-Jährige gilt als eines der größten Talente seiner Generation und hat das mit dem Gesamtsieg bei Tirreno-Adriatico und einem starken zweiten Platz bei der Katalonien-Rundfahrt bereits unter Beweis gestellt.
Doch genau hier beginnt das Rätselraten: Ist Ayuso wirklich bereit, das UAE-Team bei einem dreiwöchigen Grand Tour-Krimi gegen einen abgebrühten Primoz Roglic in die Schlacht zu führen? Und: Schreibt man Adam Yates vorschnell ab?
Ayuso stark, aber noch kein Pogacar
Ayuso liegt aktuell mit 16 Sekunden Rückstand auf Platz fünf der Gesamtwertung – solide, aber nicht überragend. Roglic wirkt in beeindruckender Frühform, kontrolliert das Rennen und lässt sich bislang nicht aus der Ruhe bringen. Yates liegt als 14. bereits 36 Sekunden zurück, wirkte im Zeitfahren blass, doch er ist bekannt dafür, erst in der dritten Woche aufzublühen.
Und dann ist da noch die Frage der Teamstruktur. Nach einer nervösen Auftaktetappe kritisierten Experten wie
Johan Bruyneel, dass UAE im Finale unorganisiert wirkte – ganz anders als Red Bull – BORA – hansgrohe, die Roglic perfekt abschirmten. „Wenn Pogacar nicht dabei ist, fehlt UAE die Ordnung“, so Bruyneel in The Move. Ayuso meisterte die Situation zwar stark – doch ohne aktive Unterstützung seiner Helfer.
Yates – unterschätzt und kampferprobt
Adam Yates ist kein Lautsprecher, aber ein Mann für große Aufgaben. Seit seinem Wechsel zu UAE 2023 liefert er konstant ab: Gelbes Trikot und Podiumsplatz bei der Tour 2023, Sieg bei der Tour de Suisse 2024, starker Helfer bei Pogacars Triumphzügen. Auch wenn seine Frühform 2025 schwach war – 16. bei Tirreno, 32. in Katalonien – ist klar: Der Brite arbeitet auf den Giro hin. Und er weiß, wie man Grand Tours fährt.
Er ist erfahren, zäh und taktisch klug – kein Fahrer, der in Woche eins glänzen muss, um in Woche drei zu explodieren. Sollte Ayuso ins Straucheln geraten oder sich UAE gezwungen sehen, taktisch umzuschwenken, könnte Yates plötzlich zur entscheidenden Figur werden.
Fazit: Zwei Anführer – eine offene Zukunft
Der Giro ist jung, doch die Rollenverteilung bei UAE wird bereits diskutiert. Ayuso ist der designierte Kapitän – zu Recht, angesichts seiner Entwicklung. Doch Adam Yates bleibt ein Faktor, den man nicht unterschätzen darf. Seine Vergangenheit zeigt: Wenn es zählt, ist er da.
UAE ist bislang ruhig geblieben. Doch im Radsport gilt: Wer in der ersten Woche schweigt, kann in der dritten Woche Geschichte schreiben.
Original: Fin Major