„Mein Potenzial war immer da – jetzt nutzen wir es endlich voll aus" - Urska Zigart über ihren Durchbruch 2025 und das Leben im Schatten von Tadej Pogacar

Radsport
Samstag, 25 Oktober 2025 um 19:00
Urska Zigart
Jahrelang war Urska Zigart der breiten Öffentlichkeit vor allem als Partnerin von Tadej Pogacar, dem Phänomen des modernen Radsports, bekannt. Doch im Jahr 2025 sorgte die 28-jährige Slowenin dafür, dass sich das Blatt wendete – und dass ihre eigenen Erfolge ebenso für Aufsehen sorgten.
Nach mehreren Jahren stetiger Entwicklung erwies sich Zigarts erste Saison bei AG Insurance – Soudal als wahrhaft transformativ. Zahlreiche Podiumsplatzierungen, eine beeindruckende Vorstellung bei der Tour de Romandie Feminin und eine Top-10-Platzierung bei den Europameisterschaften in Ronse machten sie zu einer ernsthaften Anwärterin auf die Gesamtwertung – und nicht länger nur zu einer Begleitfahrerin oder der „anderen Hälfte“ eines Grand-Tour-Superstars.
„Das Potenzial war immer da“, erklärte Zigart gegenüber Bici.Pro. „Was Training oder Leistungswerte angeht, hat sich nicht viel geändert – ich war schon immer sehr professionell in meinem Ansatz. Was sich jedoch geändert hat, ist die Art, wie ich den Rennsport heute sehe, und wie mein Team mich wahrnimmt. Gemeinsam ist es uns endlich gelungen, das Beste aus mir herauszuholen.“

Den eigenen Rhythmus finden und die Freude wiederentdecken

Zigarts Saison begann nicht ohne Hindernisse. Eine Krankheit im Frühjahr bremste ihren Aufschwung, doch als sie im Mai ins Renngeschehen zurückkehrte, fand sie, wie sie es ausdrückt, „die richtige Welle“ – und trieb sie bis zum Saisonende. Ab Juni sicherte sie sich 13 Top-Ten-Platzierungen und, noch wichtiger, sie entdeckte die Freude am Rennsport wieder: „Ich habe wieder angefangen, es wirklich zu genießen“, sagt sie. „Das zählt mehr als alles andere.“
Ihr zweiter Platz in der Gesamtwertung der Tour de Romandie Feminin – bei der sie das Leadertrikot trug und den Sieg nur um sieben Sekunden an die haushohe Favoritin Elise Chabbey verlor – markierte das bisher beste Ergebnis ihrer Karriere. Die Art, wie sie das Rennen kontrollierte – ruhig, präzise und gelassen – offenbart ein neues Maß an Reife, Selbstvertrauen und strategischer Finesse.
Urska Zigart
Zigart in Aktion in Kigali

Eine neue Umgebung, ein neuer Glaube

Der Wechsel von Zigart von Liv AlUla Jayco zu AG Insurance – Soudal hat sich als entscheidend erwiesen. Nachdem sie jahrelang als talentierte, aber unbeständige Kletterin galt, genießt sie nun das volle Vertrauen ihres Managements und ihrer Teamkollegen.
„Manchmal braucht man einfach eine Veränderung“, erklärte sie. „Nach einer Weile im selben Team gerät man leicht in eine Schleife: man sieht nicht mehr, wer man ist und was man kann. Hier habe ich einen neuen Ansatz gefunden, wie ich meine Stärken und Schwächen angehe. Dank des Vertrauens und der Ermutigung aller im Team konnte ich einen echten Schritt nach vorn machen.“
Diese Überzeugung spiegelt sich nicht nur in ihren Ergebnissen wider, sondern auch in ihrer klaren Identität als Fahrerin. Zigart definiert sich nicht mehr nur als Ausreißerin, sondern als Athletin, die in der Lage ist, ihre Ambitionen in Etappenrennen über mehrere Tage hinweg aufzubauen und zu verteidigen. „Etappenrennen passen am besten zu mir“, fügte sie hinzu. „Eine meiner Stärken ist es, mich von Tag zu Tag optimal zu erholen.“

Nationalstolz und eine wachsende slowenische Welle

Abseits ihres Teams gibt Zigart zu, dass sie enttäuscht war, nicht für die Olympischen Spiele 2024 in Paris ausgewählt worden zu sein. Gleichzeitig ist sie jedoch stolz darauf, Slowenien so oft wie möglich vertreten zu dürfen. Sie ist überzeugt, dass die jüngsten Erfolge ihres Landes – von Pogacar über Primoz Roglic bis hin zu Matej Mohoric – eine neue Generation von Radsportlern inspiriert haben, auch wenn das Geschlechtergefälle weiterhin besteht.
„Es gibt inzwischen definitiv mehr Frauen im Radsport“, sagte sie, „aber es gibt immer noch einen großen Unterschied zwischen den Jungen, die davon träumen, Radfahrer zu werden, und den Mädchen, die es ernsthaft professionell betreiben wollen. Dennoch gibt es einige junge Talente, die sich entwickeln, und ich kann es kaum erwarten, zu sehen, wie sie wachsen.“
pogacar zigart
Zigart und Pogacar sind ein Power-Paar des Radsports

Zwei Elitekarrieren unter einen Hut bringen

Der gemeinsame Beruf von Zigart und Pogacar weckt unweigerlich Neugier – doch sie betont, dass dies eher ein Vorteil als ein Hindernis ist.
„Es hat seine Vor- und Nachteile, aber für uns funktioniert es“, sagt sie. „Wir verstehen beide, was der andere durchmacht – in guten wie in schwierigen Momenten. Am anspruchsvollsten sind die Zeiten, in denen wir auf entgegengesetzten Seiten der Welt Rennen fahren. Aber wenn wir zu Hause sind, können wir alles Seite an Seite bewältigen.“
Mit Zuversicht, Beständigkeit und Gelassenheit geht Zigart das Jahr 2026 an. „Der Frauenradsport macht jedes Jahr große Fortschritte“, erklärt sie. „Ich möchte Schritt halten und mich weiterentwickeln. Ich habe einen Vorgeschmack darauf bekommen, was möglich ist – jetzt will ich mehr.“
Ausnahmsweise ist das Rampenlicht nicht von jemand anderem geliehen. Urska Zigart ist in ihr eigenes getreten.
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