Vincenzo Nibali hat dem jungen Mexikaner
Isaac del Toro eine glänzende Zukunft vorhergesagt – und traut ihm bereits im kommenden Jahr eine Führungsrolle bei einer Grand Tour zu. Nach einer weiteren dominanten Saison des UAE Team Emirates – XRG sieht der italienische Ex-Profi den 21-Jährigen bereit, aus dem Schatten von
Tadej Pogacar zu treten.
In einem Gespräch mit
TuttoBiciWeb sprach Nibali ausführlich über die Saison 2025 – von Pogacars historischem fünften Il-Lombardia-Sieg in Folge bis zu den sich wandelnden Kräfteverhältnissen im internationalen Radsport.
Pogacars Dominanz begeistert – und inspiriert
Nibali, selbst zweimaliger Sieger von Il Lombardia, zeigte sich tief beeindruckt von Pogacars anhaltender Überlegenheit im Herbst.
„Wir haben wieder einmal Pogacars Spätform gesehen – seine Dominanz, die Ruhe seines Teams, die totale Kontrolle. Und dann dieser Angriff… eine dieser Bewegungen, bei denen alle anderen nur zuschauen können“, sagte er.
Pogacar holte 2025 den 5. Sieg in Folge bei Il Lombardia
Der „Hai von Messina“ erlebte die Atmosphäre in Bergamo hautnah und lobte die Begeisterung der Fans:
„Die Stadtmauern von Bergamo und der Anstieg nach Ganda waren dicht gesäumt. Es ist wunderbar, diese Leidenschaft für den Radsport in Italien zu sehen. Das zeigt, dass Il Lombardia die Menschen immer noch bewegt – und die Fahrer antreibt.“
„Del Toro ist bereit für seine eigene Grand Tour“
Neben Pogacar hob Nibali besonders Isaac del Toro hervor, der beim Sieg in der Lombardei eine Schlüsselrolle spielte. Der Mexikaner habe gezeigt, dass er bald selbst die Verantwortung übernehmen könne.
„Wir haben Del Toro in Pogacars Dienst gesehen, um diesen historischen Rekord zu sichern“, sagte Nibali. „Aber in Zukunft wird sich der Kalender im Team verändern – 2026 wird Del Toro seine eigene Grand Tour als Kapitän bestreiten.“
Del Toro hatte 2025 beim Giro d’Italia lange die Gesamtführung inne, verlor die Maglia Rosa jedoch auf der vorletzten Etappe über den Colle delle Finestre an Simon Yates. Für Nibali war das kein Rückschlag, sondern Teil eines Lernprozesses:
„Es gab beim Giro einige Fehler, das stimmt. Aber Pogacar stand in dieser Saison bei jedem Monument auf dem Podium – das zeigt, wie hoch das Niveau im Team ist.“
Blicke auf Rivalen und neue Kräfteverhältnisse
Nibali würdigte auch die anderen Stars des Jahres:
„Van der Poels Siege in Sanremo und Roubaix waren außergewöhnlich – er hat Pogacars Angriffe mit echter Autorität abgewehrt. Von Vingegaard hatte ich bei der Tour de France mehr erwartet, aber bei der Vuelta hat er stark reagiert. Vielleicht sehen wir ihn 2026 beim Giro.“
Als Überraschung des Jahres nannte Nibali das Team XDS Astana:
„Sie haben sich enorm entwickelt. Scaroni war einer der konstantesten Italiener der Saison.“
Ein besonderer Moment sei für ihn die Weltmeisterschaft in Ruanda gewesen:
„Das war für mich das schönste Bild des Jahres – ein Symbol des Mutes und ein Signal für den globalen Radsport. Es könnte der Startpunkt für ein Land sein, das viel durchgemacht hat.“
„Ohne Nachwuchs keine Zukunft“ – Nibali über Italiens Radsport
Zum Abschluss äußerte sich Nibali besorgt über die Lage des italienischen Radsports:
„Wir müssen bei der Jugend ansetzen. Es ist schwer, finanzielle Mittel zu finden, und viele Teams kämpfen ums Überleben. Aber ohne eine starke Basis gibt es keine Zukunft. Die Profiszene ist faszinierend – doch ohne Nachwuchs wird sie nicht bestehen.“
Ein Blick nach vorn
Während die Saison 2025 langsam verblasst, klingen Nibalis Worte weniger wie ein Rückblick, sondern wie ein Fahrplan:
Für Pogacar sind sie ein Zeugnis seiner anhaltenden Dominanz.
Für Del Toro ein Signal, dass der Moment zum Anführen naht.
Und für Italien eine Mahnung, die eigenen Wurzeln zu stärken – um wieder das Herzland des Radsports zu werden.