„Ich will eine Tour-Etappe gewinnen“: Jayco-AlUla-Profi peilt nach 2024-Enttäuschung die Revanche an

Radsport
Mittwoch, 29 Oktober 2025 um 10:00
mauroschmid
Der Schweizer Radsport wartet weiterhin vergeblich auf den nächsten Nachfolger von Fabian Cancellara. Stefan Küng kam der Rolle zwar am nächsten, doch auch er konnte an seinen besten Tagen den letzten Schritt nicht machen. Nun rückt mit Mauro Schmid ein neuer Hoffnungsträger in den Fokus. Der Jayco-AlUla-Profi wird bald 26 Jahre alt – und es ist offensichtlich, dass der zweifache Schweizer Meister sein Leistungspotenzial noch längst nicht ausgeschöpft hat.
Dass Schmid seinen Straßenmeistertitel aus dem Jahr 2024 verteidigen würde, war keine große Überraschung. Doch nur wenige hätten ihn im Kampf gegen die Uhr vor Küng gesehen. Zwar profitierte er davon, dass der sechsmalige Schweizer Zeitfahrmeister verletzungsbedingt nicht antrat, dennoch war sein Sieg beeindruckend: Mit einer Sekunde Vorsprung auf den Weltklasse-Zeitfahrer Stefan Bissegger sorgte Schmid für einen Coup.
Entsprechend groß ist die Freude darüber, ein weiteres Jahr im Nationaltrikot zu fahren. „Ich muss sagen, es ist schön, im Rennen sofort erkannt zu werden“, erklärte Schmid im Gespräch mit Bici.pro. „Das Trikot einmal zu gewinnen, ist schon besonders – aber es im folgenden Jahr zu verteidigen, ist fantastisch. Ich freue mich sehr darauf, es 2026 wieder zu tragen, zumindest im ersten Teil der Saison.“
Auch der Zeitfahrsieg kam für ihn selbst überraschend: „Ich war gut vorbereitet und an diesem Tag in Topform, aber trotzdem hätte ich nicht damit gerechnet. In der Schweiz hat der Zeitfahrtitel ein besonderes Prestige – man denkt sofort an Küng und Cancellara, die diese Disziplin in den letzten 25 Jahren geprägt haben. Das Niveau ist immer hoch, und es ist eine Ehre, diesen Titel zu tragen.“

Zukunft des Schweizer Radsports

Fahrer mit den Qualitäten eines Fabian Cancellara gibt es nicht in jeder Generation. Nach dem Rücktritt von Spartacus trat der Schweizer Straßenradsport etwas in den Hintergrund. Zwischenzeitlich rückte der Mountainbikesport dank des Ausnahmeathleten Nino Schurter stärker ins Rampenlicht. Doch Mauro Schmid sieht die Zukunft des Straßenradsports in der Schweiz wieder rosig.
„Wir hatten schon immer hervorragende Talente, auch in den letzten Jahren, auch wenn sie nicht immer in den höchsten Tönen gelobt wurden. Nach einem Fahrer wie Cancellara ist es klar, dass die Nachfolge schwer fällt. In den vergangenen Jahren war das Niveau, besonders auf der Straße, nicht immer auf Top-Niveau, und die Siege der Schweizer Fahrer bei Straßenrennen blieben hinter den Erwartungen zurück“, sagt Schmid.
„Viele aus meiner Generation haben sich mehr dem Mountainbike zugewandt, und der Straßenradsport hat etwas an Popularität verloren. Jetzt aber kommen interessante junge Fahrerinnen und Fahrer nach, und zwei gut strukturierte Schweizer Profi-Teams geben ihnen die Chance, in Ruhe zu reifen – ohne unnötigen Druck.“
Mit Supertalent Jan Christen vom UAE Team Emirates – XRG, dem Überraschungsmann Jan Huber, der bei den U23-Weltmeisterschaften den zweiten Platz belegte, und weiteren vielversprechenden Namen aus den Jugendkategorien zeigen sich die ersten Früchte dieser Nachwuchsarbeit bereits deutlich.
Jan Christen (links) hat seit seinem Profidebüt im Jahr 2023 große Fortschritte gemacht
Jan Christen (links) hat seit seinem Profidebüt im Jahr 2023 große Fortschritte gemacht
„Es ist bereits etwas in Bewegung. Es braucht zwar noch Zeit, aber die aktuelle Generation zeigt schon gute Ansätze. In ein paar Jahren werden wir die Ergebnisse sehen. Ich bin überzeugt, dass die gesamte Schweizer Radsportbewegung davon profitieren wird – nicht zuletzt dank der langfristigen Projekte der beiden Profi-Teams.“

Rache-Tour

Was Schmids nähere Zukunft betrifft, dürfte der bald 26-Jährige seine Saison 2026 bei der Tour Down Under beginnen, wobei die Klassiker das große Ziel seines Frühjahrs bleiben. Ob danach der Giro d’Italia oder die Tour de France auf seinem Programm steht, ist noch offen.
„Der Kalender könnte dem von 2024 ähneln, abgesehen von ein paar kleinen Anpassungen im Februar und März. Bei den Grand Tours tendiere ich eher zur Tour, auch wenn ich gerne zum Giro kommen würde. Es ist nur schwierig, in den Ardennen gut abzuschneiden und dann im Mai für drei intensive Wochen voll bereit zu sein“, erklärt Schmid.
Nur Jonas Abrahamsen (links) stand zwischen Mauro Schmid und seinem ersten Tour de France-Etappensieg
Nur Jonas Abrahamsen (links) stand zwischen Mauro Schmid und seinem ersten Tour de France-Etappensieg
Schmid weiß bereits, wie es sich anfühlt, eine Grand-Tour-Etappe zu gewinnen – beim Giro 2021 sicherte er sich seinen ersten großen Erfolg, der ihm den Weg in die Profi-Welt öffnete. Seitdem konnte er jedoch trotz dreier knapper Niederlagen bei der Vuelta 2024 und der Tour 2025 keinen weiteren Sieg auf Grand-Tour-Niveau verbuchen. Besonders schmerzhaft war die Niederlage gegen Jonas Abrahamsen im Sprint der 11. Etappe der Tour in Toulouse.
Doch Schmid gibt seinen Traum nicht auf: „Ich würde gerne eine Etappe bei der Tour de France gewinnen. Ich werde es auf jeden Fall noch einmal versuchen. Zuvor gönne ich mir aber ein paar Tage an den Stränden von Bali, um neue Energie zu tanken.“
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