„Ich werde fünf Jahre meines Lebens verlieren“ – Mathieu van der Poel zwischen Gelb, Grün und Grenzerfahrung

Mathieu van der Poel sorgt bei der diesjährigen Tour de France nicht nur für sportliche Glanzlichter, sondern auch für Schlagzeilen mit Tiefgang. Nach seinem emotionalen Tag im Gelben Trikot auf der brutalen 6. Etappe rückt nun überraschend auch das Grüne Trikot in den Fokus – ein Ziel, das der Niederländer zu Beginn des Rennens kategorisch ausgeschlossen hatte.

Doch das Team Alpecin-Deceuninck scheint umzudenken. Beim Zwischensprint des sechsten Tages mischte van der Poel plötzlich mit – ein Novum in dieser Rundfahrt. „Eigentlich war das eher die Entscheidung des Teams“, erklärte er in der Sendung Vive le Vélo. Teammanager Christoph Roodhoft habe ihn darauf hingewiesen, dass er „nicht immer aufmerksam“ sei – van der Poel nennt es lieber „passiv aufmerksam“. Mit einem Schmunzeln fügt er an: „Ich nehme oft Dinge auf.“

Tatsächlich war das Grüne Trikot bislang fest dem Teamkollegen Jasper Philipsen zugedacht – der wiederum nicht müde wird, van der Poel zur Punktewertung zu drängen. „Er sagt mir jeden Tag, dass ich auf Grün umsteigen soll. Vielleicht spielt das auch eine kleine Rolle“, gesteht der Niederländer. Die Unterstützung von Kaden Groves bei Zwischensprints könnte in der Tat helfen, doch die großen Massensprints bleiben van der Poels Achillesferse – dort setzt das Team weiterhin voll auf Philipsen.

Und dennoch: Mit seiner aktuellen Form und den bisherigen Resultaten liegt van der Poel bereits auf Platz zwei der Punktewertung, dicht hinter Jonathan Milan. Die Streckenführung der diesjährigen Tour mit vielen hügeligen Etappen – darunter Zielankünfte wie Mur-de-Bretagne, Carcassonne oder Pontarlier – spielt van der Poel zusätzlich in die Karten. Sollte er sein Niveau halten, wäre der Sprung ins Grüne Trikot keine Überraschung mehr.

Zunächst aber gilt seine volle Konzentration dem Maillot Jaune, das er nach einem dramatischen Tag auf dem Rad verteidigen will – trotz kräftezehrender Belastung. Nach der Etappe gab van der Poel einen seltenen Einblick in sein körperliches Limit: „Ich war einem Krampf nahe. Ich habe so etwas noch nie bei der Tour erlebt. Ich werde fünf Jahre meines Lebens verlieren – zum Glück werden diese Jahre erst am Ende abgezogen.“

Humor hilft. Doch hinter dem Lächeln steckt eine simple Wahrheit: Van der Poel fährt in dieser Tour am Limit – und vielleicht zum ersten Mal mit ernsthaften Ambitionen auf gleich zwei Trikots. Gelb trägt er bereits. Grün scheint plötzlich näher als gedacht.