Die Zukunft von
Remco Evenepoel bleibt eines der großen Themen der Radsportwelt. Doch während Spekulationen um seinen Verbleib bei
Soudal - Quick-Step weiter die Runde machen, verdichtet sich ein Szenario immer mehr: Ein Wechsel zu
Red Bull - BORA - hansgrohe scheint nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich.
Auf dem Papier spricht vieles dafür. Seit dem Einstieg von Red Bull vor der
Tour de France 2024 hat sich bei BORA ein spürbarer Wandel vollzogen. Das Team verfügt nun über ein geschätztes Jahresbudget von rund 50 Millionen Euro – deutlich mehr als die etwa 30 Millionen Euro, die Quick-Step zur Verfügung stehen. Dieses finanzielle Plus bedeutet bessere Ausstattung, professionellere Strukturen und vor allem: die Möglichkeit, eine schlagkräftige Mannschaft um einen Grand-Tour-Kapitän zu formen.
Das spricht für einen Wechsel
Ein starkes Team – das ist genau das, was Evenepoel bisher gefehlt hat. Sein außergewöhnliches Talent steht außer Frage, doch moderne Rundfahrten werden nicht mehr allein durch individuelle Klasse gewonnen. Die Benchmark setzen Fahrer wie Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard – und sie tun das nicht allein. Ihre Teams,
UAE Team Emirates - XRG und
Visma - Lease a Bike, bringen mehrere Top-10-Fahrer als Edelhelfer an den Start. Jeder von ihnen könnte bei einem schwächeren Team selbst auf Gesamtwertung fahren.
Evenepoel hingegen stand bei Quick-Step oft auf weiter Flur. Besonders in entscheidenden Momenten – bei harten Bergetappen oder in der dritten Woche eines Grand Tours – fehlte ihm der nötige Rückhalt. Das Team war lange Zeit auf Eintagesrennen spezialisiert und hat den Schritt zu einer vollwertigen Grand-Tour-Mannschaft nie überzeugend vollzogen.
Das Ergebnis: Evenepoel musste öfter verteidigen, als aus der Offensive heraus zu agieren. Wer die Besten schlagen will, braucht mehr als seine Beine – er braucht ein System, das auf Sieg ausgerichtet ist. Und genau das könnte ihm Red Bull - BORA - hansgrohe bieten.
Das Team steht am Beginn eines Neuaufbaus. Auch wenn Primoz Roglic vertraglich bis mindestens 2026 gebunden ist, zwingen Alter und Verletzungen – zuletzt zwei schwere Stürze bei der Tour 2024 und dem Giro 2025 – zum Umdenken. Der Blick richtet sich in die Zukunft, und Evenepoel könnte das neue Gesicht dieses Projekts werden.
Zugleich sendet das Team widersprüchliche Signale: Der Vuelta-Sieg 2024 mit Roglic war ein Meilenstein, doch taktische Patzer – wie etwa der zu frühe Angriff von Ben O’Connor – oder die verletzungsbedingten Ausfälle beim Giro 2025 werfen Fragen auf. Ein Transfer von Evenepoel wäre daher nicht nur ein sportliches Statement, sondern auch ein struktureller Umbruch: ein echtes GC-Projekt, aufgebaut um einen potenziellen Grand-Tour-Sieger.
Auch finanziell ergibt der Wechsel Sinn. Während Roglic auf rund 4,5 Millionen Euro Jahresgehalt kommt, liegt Evenepoel derzeit bei rund 3 Millionen. Ein Transfer würde aller Voraussicht nach mit einer signifikanten Gehaltserhöhung einhergehen – ein klares Zeichen dafür, wie sehr Red Bull an sein Potenzial glaubt.
Bleibt die Frage: Würde Evenepoel im neuen Team die alleinige Führungsrolle übernehmen? Oder müsste er 2026 mit Roglic teilen? Kann BORA mit dem strukturellen Niveau von UAE oder Visma mithalten? Diese Unsicherheiten sind real – aber sie wiegen nicht schwerer als die fundamentale Wahrheit: Wer Grand Tours gewinnen will, braucht die passenden Bedingungen.
Ein Wechsel zu Red Bull - BORA - hansgrohe ist kein Selbstläufer. Aber der Status quo bei Quick-Step bietet kaum Perspektiven für große Siege. Für Evenepoel ist es ein kalkuliertes Risiko – doch er steht an einem Punkt in seiner Karriere, an dem genau solche Entscheidungen nötig sind.