Tadej Pogacar mag 2025 sein historisches Tour-Olympia-WM-Dreieck vollendet haben, doch der ehemalige
Tour de France-Podestplatzierte
Tejay van Garderen ist überzeugt: Der Slowene ist noch lange nicht am Ende. Der Amerikaner betont sogar, dass der dominierende Fahrer des Radsports derzeit „ohne Rivalen“ agiert, während das Peloton sich auf einen weiteren Versuch vorbereitet, ihn bei der Tour de France 2026 zu schlagen.
Im Gespräch mit Bob Roll im NBC-Podcas Beyond the Podium nach der Streckenpräsentation gab Van Garderen eine klare Einschätzung ab:
„Vor ein paar Jahren hielt ich Pogacar für den besseren Allround-Fahrer, aber Vingegaard für den stärkeren Drei Wochen GrandTour-Fahrer und Klassiker-Spezialisten. Ich dachte, Jonas könnte über drei Wochen dominieren. Aber dieses Jahr kamen beide nach einer erfolgreichen Saison gesund zurück – und Pogacar hat ihn vernichtet. Es war nicht knapp. So sehr ich mir auch eine echte Rivalität gewünscht hätte, im Moment hat Pogacar keinen Rivalen.“
Diese Einschätzung prägt bereits die Vorbereitungen auf den Juli. Die Strecke 2026 bietet ein doppeltes Etappenziel auf der Alpe d’Huez, ein Mannschaftszeitfahren am ersten Tag mit individuellen Zielzeiten sowie zahlreiche Chancen für Sprinter und Ausreißer. Van Garderen betont jedoch: Die Details werden das Ergebnis kaum ändern, solange ein Fahrer so weit vor dem Rest liegt.
Ein Champion auf Geisterjagd
Sowohl Roll als auch Van Garderen präsentierten Pogacar als einen Fahrer, dessen Ambitionen längst über das Gelbe Trikot hinausreichen und sich auf die größten Herausforderungen des Sports richten.
Roll brachte es auf den Punkt: „Pogacar geht es nicht nur darum, die Tour de France zu gewinnen. Er jagt Geister… Er will Etappensiege holen, Cavendishs Rekord brechen. Er will alles.“
Van Garderen stimmt zu und weist darauf hin, dass die Strecke 2026 wenig Ausgleich für Rivalen bietet, die hoffen, dass das Terrain den Unterschied macht: „Wie ich Pogacar kenne, wird er bei jeder Gelegenheit angreifen… vielleicht versucht er einfach, dem Rennen früh seinen Stempel aufzudrücken.“
Von der frühen Pyrenäenprüfung auf der dritten Etappe bis zum späten Doppelanstieg der Alpe d’Huez kehrten beide immer wieder auf denselben Punkt zurück: Wenn Pogacar eine Lücke wittert – oder beschließt, eine zu schaffen – wartet er selten ab.
Rolls unverblümte Einschätzung: "Niemand besiegt Pogacar"
Roll wich den Spekulationen aus. Auf die Frage, ob es 2026 zu einem echten Kampf um die Gesamtwertung kommen könnte, antwortete er knapp: „Ich ziehe einfach mal ein schnelles Fazit: Niemand wird Tadej Pogacar nächstes Jahr bei der Tour de France schlagen.“
Er räumte ein, dass die ersten Etappen – mit einem starken Mannschaftszeitfahren und den frühen Anstiegen – zunächst Spannung ins Rennen bringen könnten. Doch selbst auf einer Strecke, die Volatilität verspricht, erwartet Roll dasselbe Ergebnis: „Es könnte enger werden. Nach den ersten Tagen ist es vielleicht nicht mehr so entscheidend, aber die Strecke liegt ihm perfekt.“
Die Botschaft ist klar: Das Profil mag die Fahrt erschweren, doch Pogacars Klasse wird vermutlich über das Ziel entscheiden.
Woher kommt der Druck - von Evenepoel oder Vingegaard?
Für Van Garderen steht bei der Tour nicht nur Pogacars Stärke im Mittelpunkt, sondern auch der vergleichsweise geringe Widerstand. Jahrelange Duelle zwischen Pogacar und Vingegaard haben zu ikonischen Rennen geführt, doch Van Garderen sieht dieses Jahr eine klare Verschiebung: „Letztes Jahr dachte ich, man muss Jonas nach seinem Sturz im Baskenland eine kleine Pause gönnen. Aber dieses Jahr… beide kamen völlig gesund zurück, und Tadej hat ihn einfach plattgemacht.“
Remco Evenepoel bleibt der Fahrer, der den Kampf gegen die Uhr theoretisch verändern könnte – doch Van Garderen glaubt, dass 22 km Einzelzeitfahren nicht ausreichen: „Ich habe gerade die Weltmeisterschaften gesehen, wo Remco etwa zweieinhalb Minuten auf Pogacar herausgefahren hat… Wenn man ein spannendes Rennen und eine echte Bedrohung für Pogacar will, warum sollte man Remco nicht dieselben Chancen geben wie in der Vergangenheit?“
Roll stimmt dem grundsätzlich zu: „Das ist bei Weitem nicht genug, um uns zu zeigen, wer der beste Allround-Fahrer ist.“ Beide betonten zudem, dass heute die Gesamtklassement-Fahrer selbst die modernen Zeitfahren anführen, statt die Spitzenpositionen Spezialisten zu überlassen, wodurch längere Zeitfahren für den Kampf um die Gesamtwertung heute relevanter sind als früher.
Van Garderen deutete außerdem an, dass Evenepoels Wechsel zu Red Bull BORA zusätzliche Spannung bringen könnte. Entscheidend sei jedoch die Teamdynamik: „Wenn sie gut zusammenarbeiten, ist das ein starkes Team… aber werden sie auch gut miteinander spielen?“ Mit Primož Roglič und Florian Lipowitz im gleichen Team bleibt die interne Hierarchie – und ihre Auswirkungen auf das Rennen – eine Geschichte für sich.
Der Appetit der UAE und die Ziele von Pogacar
Ein weiteres Thema war die taktische Bandbreite von UAE Team Emirates an Bergtagen. Roll fragte sich, ob das Team erneut Ausreißern die Chance geben würde, bestimmte Gipfelziele anzufahren – ein Muster, das im vergangenen Juli Opportunisten begünstigt hatte. Van Garderen erklärte, dass dies nicht beabsichtigt war und teilweise an der Abwesenheit von João Almeida lag:
„Wenn er dabei gewesen wäre, hätten sie viele dieser Ausreißer überrollt und Pogacar hätte vielleicht acht Etappen gewonnen.“
Er betonte, dass Pogacar nicht die Arbeit von vier Fahrern übernehmen kann, insbesondere nicht mit
Jonas Vingegaard an seinem Rad. Eine voll besetzte UAE-Mannschaft würde jedoch versuchen, so viel wie möglich zu gewinnen.
Roll brachte das Thema auf den historischen Kontext zurück: „Er versucht nicht nur, die Tour zu gewinnen – er jagt Gespenster.“ Ein weiteres Gelbes Trikot würde Pogacar noch weiter in die Riege der Größten bringen. Selbst am letzten Tag würde sich seine Einstellung kaum ändern, vermutete Roll: „Selbst wenn er zu diesem Zeitpunkt drei Minuten Vorsprung hat, wird er immer noch versuchen, die letzte Etappe zu gewinnen.“
Die Quintessenz
Alle Wege scheinen auf dasselbe Ergebnis hinauszulaufen. Die Strecke der Tour de France 2026 wirkt dynamischer und ausgewogener als die des Vorjahres, mit einer doppelten Alpe d’Huez, einer modernisierten ersten Etappe und genügend Herausforderungen, um die Elite von der Elite zu trennen. Doch für Roll und Van Garderen ist der entscheidende Faktor nicht das Profil.
Die Teams werden mit Plänen, Tiefenkarten und Formlinien anreisen, und Evenepoels Wechsel sowie die Führungsfrage bei Red Bull BORA sorgen für zusätzlichen erzählerischen Schwung. Dennoch bleibt für die beiden erfahrenen Beobachter die Ausgangslage klar:
Um die Tour de France zu gewinnen, muss man zuerst Tadej Pogacar schlagen. Und das ist derzeit deutlich leichter gesagt als getan.