In der stillen Bergwelt Andorras, fernab vom Trubel der Grand Tours, denkt Alex Carera über den Mann nach, der den modernen Radsport geprägt hat wie kaum ein anderer:
Tadej Pogacar. Seit 2016 begleitet der italienische Superagent die Karriere des Slowenen – und ist überzeugt, dass dessen Erfolg weniger in Wattzahlen oder Siegen liegt, sondern in einem fein austarierten Gleichgewicht. Im Zentrum dieser Balance steht
Urska Zigart, Pogacars Lebenspartnerin.
„Er muss mit jemandem zusammen sein, bei dem er sich wirklich wohl fühlt“, erklärte Carera im Gespräch mit Marca. „Zeit mit Urska in Monaco zu verbringen, gemeinsam einen Film zu schauen oder einfach zu Hause zu bleiben – das gibt ihm Stabilität. Für sie ist er Tadej, nicht Pogacar, der Superstar. Und für ihn ist sie Urska, nicht Zigart, die Athletin. Diese Normalität schützt sie beide.“
Die menschliche Seite eines Überfliegers
Pogacars Saison 2025 wird als eine der größten der Neuzeit in Erinnerung bleiben: Sieg bei der Tour de France, Weltmeistertitel in Kigali, EM-Gold und mehrere Monumente. Doch laut Carera ist es nicht die sportliche Bilanz, die am meisten beeindruckt, sondern die unveränderte Menschlichkeit des 27-Jährigen.
„Er ist noch immer derselbe Junge, den ich 2016 kennengelernt habe“, sagt Carera. „Natürlich trägt er heute mehr Verantwortung – wenn man um hundert Fotos gebeten wird, sagt man zu, aber bei fünftausend ist das schwieriger. Doch im Alltag, im Umgang mit Menschen, bleibt er derselbe Tadej.“
Gerade diese Bodenständigkeit sei laut Carera das Fundament seiner anhaltenden Dominanz. „Ein glücklicher Fahrer bringt bessere Leistungen. Wenn er Vertrauen und Nähe zu seinem Team spürt, läuft alles wie von selbst. In den Vereinigten Arabischen Emiraten verbringt Tadej mehr Zeit mit seinen Teamkollegen als mit seinen Eltern. Dieser Familiengeist macht ihn so stark.“
Das Gleichgewicht im Rampenlicht
Carera hat im Laufe seiner Karriere viele große Namen begleitet, doch kaum eine Verbindung war so prägend wie die zu Pogacar. Gemeinsam navigierten sie durch eine Zeit, in der sich der Radsport in Richtung Fußball entwickelte – mit langen Verträgen, wachsendem Medieninteresse und ständiger Beobachtung. Trotzdem, sagt Carera, sei Pogacars enges Umfeld der Schlüssel, um einem Burnout vorzubeugen.
„Meine Aufgabe ist nicht, dass sie mehr verdienen, sondern dass sie glücklich sind“, betont er. „Manchmal muss man weniger verdienen, um besser zu leben. 50 oder 51 Millionen auf dem Konto machen keinen Unterschied – entscheidend ist, im Reinen mit sich selbst zu sein.“
Diese Philosophie prägt auch Pogacars Offseason. Während viele Profis im Winter abschalten, legt Carera Wert auf ein durchdachtes Gleichgewicht. „Um eine großartige Saison zu fahren, braucht man einen großartigen Winter – mit Training, Ruhe und mentaler Erholung. Ohne das gibt es keine Wunder.“
Der Blick nach vorn – Pogacar 2026
Trotz all seiner Erfolge bleibt Pogacars Antrieb ungebrochen. „Die Saison war herausragend, und er denkt bereits an 2026“, verrät Carera. „Jedes Jahr braucht eine neue Motivation, aber sie muss im Gleichgewicht stehen. Das UAE Team Emirates hat das verstanden. Es wird ein erstes Treffen in Abu Dhabi geben, anschließend wird in Benidorm der Rennkalender besprochen. Wichtig ist, die Balance zwischen dem Hunger des Champions und den Bedürfnissen eines großen Teams zu wahren.“
Was die Zukunft betrifft, kennt Carera keine Grenzen: „Er kann fünf Tours gewinnen, drei Weltmeisterschaften, die Vuelta, Cavendishs Rekord bei der Tour einstellen oder die Monumente dominieren. Auch Roubaix und Sanremo – schwierig, aber mit ihm möglich. Einen wie Pogacar sehen wir vielleicht erst in 30 oder 40 Jahren wieder.“
Der Mensch hinter der Legende
Für Carera, der unzählige Karrieren kommen und gehen sah, ist Pogacars Größe nicht allein in den Siegen messbar. „Es ist eine Ehre, mit ihm zu arbeiten“, sagt er ruhig. „Nicht nur, weil er der Beste ist, sondern weil hinter dem Champion ein außergewöhnlicher Mensch steht. Wir versuchen, Träume wahr werden zu lassen und den Fans nahe zu sein – das ist das Wichtigste.“
Der wahre Luxus, so Carera, liege nicht in Trophäen oder Reichtum, sondern im Innehalten. Im Durchatmen. Und darin, das Glück des Mannes zu bewahren, der einst in Slowenien zu träumen begann – und heute die Welt des Radsports verzaubert.