Ex-Nationaltrainer Belgiens verstärkt Evenepoels Team: „Remco kennt meinen Umgang mit jungen Fahrern“

Radsport
Sonntag, 23 November 2025 um 10:00
Remco Evenepoel
Der frühere belgische Nationaltrainer Rik Verbrugghe wird ab 2026 eine zentrale Rolle in der R.EV Brussels Cycling Academy übernehmen – jener Nachwuchsstruktur, die von Remco Evenepoel und dessen Vater Patrick Evenepoel aufgebaut wurde.
Die Brüsseler Akademie verfolgt einen doppelten Ansatz: Sie möchte benachteiligten Jugendlichen den Zugang zum Radsport ermöglichen und zugleich talentierte junge Fahrerinnen und Fahrer strukturiert fördern – sowohl auf der Straße als auch im Mountainbike. Kinder aus einkommensschwachen Familien erhalten Fahrräder und regelmäßige Betreuung, während ambitionierte Nachwuchsathleten ein professionelles Training durchlaufen.
Evenepoel hatte bei der Vorstellung der Initiative 2023 ihre Grundidee klar umrissen: „Ziel der Akademie ist nicht, dass alle Radprofis werden, sondern dass sie das Fahrrad entdecken. Unser Traum ist, dass 2030 eine junge Brüsselerin oder ein junger Brüsseler der R.EV Brussels Cycling Academy für die Straßenrad-Weltmeisterschaften in Brüssel nominiert wird.“

Ein Projekt mit Fokus auf Zeitfahr-Entwicklung

„Remco und sein Vater haben mich gebeten, ihren Nachwuchstalenten im Zeitfahren beratend zur Seite zu stehen“, erklärte Verbrugghe bei Wielerflits. „Remco ist ein Zeitfahrer durch und durch, da ist es nur logisch, dass das Team in diesem Bereich voll investiert. Was Remco kann, wollen wir den jungen Talenten weitergeben. Sie müssen lernen, wie man ein Zeitfahren richtig angeht, um auf höchstem Niveau konkurrenzfähig zu sein. Der belgische Verband fördert das seit Langem – deshalb haben wir so viele starke Zeitfahrer im Land.“
Dass die Familie Evenepoel gerade ihn ins Projekt holt, überrascht kaum. Mit fünf Karriere-Siegen im Zeitfahren – darunter bei den Belgischen Meisterschaften, dem Giro d’Italia, der Tour de Romandie, der Eneco Tour und dem Critérium International – verfügt Verbrugghe über umfassende Expertise und hat das Zeitfahren in jedem seiner späteren Teams aktiv mitgeprägt.
„Es gibt auch eine persönliche Verbindung zu Remco“, betonte Verbrugghe. „Ich war der erste Trainer, der ihn zu einer Weltmeisterschaft mitgenommen hat. In Yorkshire bekam er sofort seine erste Profiberufung im Nationalteam, weil ich an ihn geglaubt habe. Ich kenne die Familie sehr gut, seit sie jung waren. Wir sind immer in gutem Kontakt geblieben. Und ich denke, Remco kennt durch seine eigenen Erfahrungen meinen Umgang mit jungen Fahrern inzwischen sehr gut.“
Nach einem ruhigen Jahr 2025 als General Manager beim Cross-Team Ridley habe er gemerkt, wie sehr ihm das Straßenumfeld fehlte. „Mir hat der enge Kontakt zu den Athleten gefehlt – und die Möglichkeit, bei Rennen wirklich Einfluss zu nehmen. Die Arbeit mit vielen jungen Fahrern und der soziale Anspruch des Projekts haben den Schritt für mich letztlich sehr leicht gemacht.“
Remco Evenepoels erster Profisieg gelang ihm bereits mit 19 Jahren
Remco Evenepoel's first professional victory came when he was just 19 years old

Junge Fahrer „from zero to hero“ führen

Die Entscheidung fiel Verbrugghe nicht leicht. Dennoch kündigte er an, seine Expertise künftig auch anderen Teams mit jungen Talenten zur Verfügung zu stellen. „Ich habe beschlossen, 2026 meine Erfahrung dem belgischen Nachwuchs weiterzugeben – und zwar nicht nur diesem Team. Ich werde auch den wallonischen Pierre et Sol–OG Cycles beraten“, sagte er. „Am Ende beginnt alles mit guter Nachwuchsarbeit. Vor allem die Juniorenkategorie ist heute enorm wichtig geworden. Manchmal finde ich das bedauerlich.“
Denn der Druck auf junge Fahrer ist hoch. „Ein Junior, der nicht sofort liefert, gilt für einen Profivertrag fast schon als abgeschrieben. Heute muss die Juniorenkategorie nahezu professionell geführt werden, um den Sprung in ein großes Team überhaupt realistisch zu machen. Dabei möchte ich helfen. Teams wie Soudal Quick-Step, Red Bull–BORA–Hansgrohe oder Decathlon AG2R haben interne Strukturen dafür, aber längst nicht alle. Bei uns kann man mit den richtigen Schritten wirklich ‚from zero to hero‘ wachsen“, erklärte er.
Entscheidend sei ein gestufter, individuell angepasster Entwicklungsweg – nicht jeder könne sich im selben Tempo entwickeln. „Ich würde niemals sagen, dass alle Fahrer schon als Jugendliche in den Windkanal müssen. Wichtig ist, dass jeder die richtigen Schritte zur richtigen Zeit macht. Wir arbeiten hier mit Fahrern von 15 bis 19 Jahren. Einen 15-Jährigen kann man nicht wie einen 19-Jährigen behandeln, der möglicherweise schon Chancen auf eine WM-Nominierung im Zeitfahren hat. Bei Letzterem zählt jedes Detail.“

Was Verbrugghe einbringen wird

Welche konkrete Unterstützung bietet Verbrugghe an? „Das reicht von Coaching-Hinweisen zur richtigen Herangehensweise an ein Zeitfahren über die optimale Sitzposition bis hin zur Auswahl der Einheiten auf dem Heimtrainer. Es ist entscheidend, das Rad vollständig unter Kontrolle zu haben. Gerade bei den Junioren gibt es noch viel Luft nach oben. Meiner Meinung nach wird in dieser Kategorie noch zu wenig getan.“
Verbrugghe bringt dafür drei Jahrzehnte Erfahrung im Radsport mit. Seine Profikarriere begann 1996 bei Lotto, wo er bis 2004 fuhr. Nach einem Jahr bei Quick-Step wechselte er zu Cofidis, seinem letzten Team vor dem Karriereende 2008.
2012 startete er seine zweite Laufbahn als Co-Sportdirektor bei BMC. Es folgten Stationen bei IAM Cycling, Bahrain Merida und Israel – Premier Tech. Zwischen 2019 und 2021 leitete er zudem das belgische Nationalteam.
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