„Eine höhere FTP macht sie nicht automatisch schneller“ – UAE-Gen-Z-Trainer über die besonderen Herausforderungen mit jungen Talenten

Radsport
Mittwoch, 19 November 2025 um 9:00
AdriaPericas (2)
UAE Team Emirates – XRG stand 2025 so oft im Rampenlicht wie kein anderes Team und pulverisierte mit 97 Profisiegen sämtliche bisherigen Rekorde. Abseits des öffentlichen Trubels arbeitet die Mannschaft jedoch konsequent an der Entwicklung ihrer nächsten Generation innerhalb der „Gen-Z“-Struktur. Bereits im Vorjahr wurde das Kletter-Supertalent Pablo Torres in die WorldTour befördert, 2026 folgt ihm sein Landsmann Adria Pericas.
Ein Blick auf die Leistungen der Gen-Z-Fahrer für 2026 zeigt deutlich: Namen wie Mateo Ramírez, Luca Giaimi oder Davide Stella besitzen das Potenzial für eine glänzende Zukunft. Doch das Programm hat einen breiteren Ansatz. Es geht nicht nur darum, Rohdiamanten zu schleifen – jede Fahrerin und jeder Fahrer wird auf mehreren Ebenen begleitet, die behutsam und Schritt für Schritt entwickelt werden müssen.
„Grundsätzlich gesprochen: Auch wenn ich als Trainer viel mit Zahlen, Abkürzungen und Daten arbeite, reden wir in Debriefings sehr viel“, erklärt Giacomo Notari, Head Coach von UAE Gen Z, im Gespräch mit bici.pro über seine Arbeit im Vorbereitungstrainingslager, wo die Neuzugänge erstmals auf den bestehenden Kader treffen.
Sein Vorgehen unterscheidet sich dabei klar zwischen Neuzugängen und etablierten Athleten. Bei den erfahrenen Fahrern steht die gezielte Weiterentwicklung im Vordergrund. „Ich versuche zu verstehen, was sie von sich selbst erwarten, was sie glauben, gut gemacht zu haben und wo sie meinen, noch Fortschritte erzielen zu können. Nicht, was sie falsch gemacht haben – sondern wo sie sich verbessern wollen.“
UAETeamEmirates
Die Disziplin Mannschaftszeitfahren erlebt ein Comeback. @Sirotti
Bei Neuzugängen hingegen beginnt alles mit der Selbstwahrnehmung. „Ich möchte zunächst verstehen, für welchen Fahrertyp sie sich halten, um ein erstes Bild zu bekommen. Die Daten zeigen später vieles, aber es ist ebenso wichtig, ihr eigenes Selbstbild zu kennen – gerade weil sie sich in einer Phase befinden, in der sich noch sehr viel verändern kann.“

Zum Siegen reicht mehr als bloße Zahlen

Notari betont, dass Radrennen weit mehr sind als ein Vergleich reiner Leistungsdaten. Ja, manchmal entscheiden die Wattwerte – doch Renninstinkt, Taktik, Positionierung und viele andere Faktoren sind häufig ebenso ausschlaggebend.
„Ich gestalte das eher als Dialog – auch auf psychologischer Ebene. Wir sprechen über Zahlen, aber im Rennen gewinnt nicht immer derjenige mit der höchsten Leistung. Radsport ist situativ: Windschatten, Positionierung, das Lesen des Rennverlaufs und das Erkennen des richtigen Moments sind entscheidend.“
Wer jedoch Werte wie Tadej Pogačar tritt, kann sich gewisse Freiheiten leisten – und mehr Ciclismo in sein Repertoire einbauen. „Da achtet man natürlich auch ein wenig auf die Zahlen. Aber eine verbesserte FTP bedeutet nicht automatisch, dass jemand schneller fährt als im Vorjahr.“
Entscheidend sei oft nicht die frische Bestleistung, sondern die Fähigkeit, im entscheidenden Moment trotz Müdigkeit zu agieren. „Die besten Leistungen entstehen häufig in erholtem Zustand, aber die rennentscheidenden Aktionen passieren unter Ermüdung“, erklärt Notari. „Deshalb testen wir gelegentlich auch in ermüdetem Zustand. Mein Ziel ist es, die Athleten dahin zu bringen, dass sie am Ende eines Rennens weniger erschöpft sind – also ihre Dauerbelastbarkeit steigern.“
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