CEO von Premier Tech: Konkurrenzteams wirkten „opportunistisch“, bevor die Entscheidung für Alpecin fiel — „Es ging darum, Vertrauen aufzubauen und eine gute Beziehung zu entwickeln“

Radsport
Samstag, 06 Dezember 2025 um 19:15
alpecin
Premier-Tech-CEO Jean Belanger hat einen selten offenen Blick hinter die Kulissen eines Sponsors gewährt, der binnen weniger Wochen zum begehrtesten Partner auf dem Transfermarkt wurde. Nach dem abrupten Ende des Israel-Projekts standen WorldTour- und ProTeams Schlange, doch viele dieser Offerten tat Belanger als „opportunistisch“ ab. Am Ende setzte sich Alpecin durch – nicht wegen eines aggressiven Werbens, sondern wegen einer fünfjährigen Vertrauensgeschichte.
Im Gespräch mit Wielerflits zeichnete Belanger ein Bild eines Marktes, der auf jede Lücke sofort anspringt. Als im November die Trennung von Israel-Premier Tech bekannt wurde, klingelten seine Geräte ununterbrochen.
„Ich bekam sehr viele WhatsApps und E-Mails. Das Interesse war groß – aber vieles wirkte opportunistisch.“
Genannt wurden in dieser Phase Namen von Ineos Grenadiers über EF Education-EasyPost bis hin zu Soudal–Quick-Step und Picnic PostNL. Am Ende jedoch überzeugten zwei Personen: Christoph und Philip Roodhooft.

Warum Alpecin? „Weil es nicht nur ums Geschäft ging“

Belanger beschreibt die Beziehung zu den Roodhooft-Brüdern als das entscheidende Element – keine Verkaufsgespräche, keine PowerPoints, sondern Gespräche bei Kaffee oder einem Glas Wein.
„Es ging darum, Vertrauen aufzubauen. Wir denken beide langfristig und teilen dieselben Werte.“
Das Resultat: ein Dreijahresvertrag. Ab 2026 starten die Mannschaften als Alpecin–Premier Tech und Fenix–Premier Tech.
Natürlich spielt Mathieu van der Poel eine Rolle – aber nicht die Hauptrolle. Belanger stellt das bewusst klar:
„Nur wegen eines Fahrers zu einem Team zu gehen, wäre opportunistisch. Das Fundament muss stimmen.“
Die Werte und die Struktur, sagt Belanger, passten zu dem, was Premier Tech im internationalen Markt anstrebt – eine multiplattformige Sichtbarkeit im Straßen-, Offroad- und Frauenradsport.

Kanada im Blick: Das Projekt hat eine zweite Agenda

Besonders wichtig bleibt für Belanger die kanadische Talententwicklung. Premier Tech sieht sich nicht als Sponsor, der eine Lücke füllt, sondern als gestalterische Kraft für den heimischen Radsport.
„Wir wollen ein Umfeld schaffen, in dem kanadische Talente wachsen können. Aber es gibt keine Gratisplätze – Leistung entscheidet.“
Hugo Houle, einst Siegerschütze bei der Tour, soll dabei Rolle und Inspiration zugleich sein.
Der Kalender spielt in die Karten: 2026 finden die Straßen-Weltmeisterschaften in Montreal statt – eine Gelegenheit, wie Belanger sagt, den Sport in Quebec entscheidend zu pushen.
„Ich hoffe, wir schaffen Momentum. Der Radsport in Kanada verdient Aufmerksamkeit.“

Ein persönlicher Traum des CEO

Belanger verriet am Ende auch einen Wunsch, der weit weniger geschäftlich klingt – fast nostalgisch:
„Il Lombardia! Ich war noch nie dort. Ich war überhaupt noch nie bei einem Rennen, das eines meiner Teams gewonnen hat. Das will ich nächstes Jahr erleben.“
Ein Sponsor also, der sich einerseits strategisch neu positioniert, andererseits als Fan spricht. Und dessen rasche Neuorientierung – vom Zwist mit Israel bis zur Rückkehr in die WorldTour – ein Beispiel dafür ist, wie schnell sich Machtachsen im modernen Profiradsport verschieben können.
Mit Alpecin–Premier Tech hat Belanger nun jene Struktur gefunden, die nicht nur das sportlich erfolgreichste Projekt der vergangenen Jahre ist, sondern auch eines, das seine Werte teilt.
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