Heute entscheidet sich, wer 2025 Europameister im Straßenrennen der Männer wird. Kann
Tadej Pogacar nach seinen zwei Weltmeistertiteln erneut zuschlagen? Oder vollendet
Remco Evenepoel seinen beeindruckenden Satz aus Welt-, Olympia- und Europatiteln auf Straße und Zeitfahrrad? Vielleicht gelingt Jonas Vingegaard bei einem seiner seltenen Einsätze außerhalb eines Etappenrennens die Überraschung. Bevor das heutige Rennen beginnt, lohnt sich ein Blick zurück auf die vergangenen fünf Ausgaben der
Europameisterschaft.
2024 – Hasselt (Belgien)
Die Europameisterschaften 2024 boten den Sprintern ein anspruchsvolles, aber schnelles Rennen über 222,8 Kilometer von Heusden-Zolder nach Hasselt. Die flachen Straßen ließen kaum Ausreißchancen zu, und nach gescheiterten Spätattacken organisierte sich Belgien für einen perfekten Sprint.
Tim Merlier setzte sich gegen Olav Kooij und Madis Mihkels durch und wurde der erste Belgier, der den Titel in der Eliteklasse gewann.
Unvergesslich blieb nicht nur der Jubel in Hasselt, sondern auch Merliers Risiko: Seine Kette sprang auf den letzten 300 Metern kurz ab, doch er fing sich und hielt das Trikot fest in Belgien. Die Ergebnisse zeigten, wie ausgeglichen das Rennen war – nach viereinhalb Stunden bei fast 48 km/h landeten Jasper Philipsen und Alexander Kristoff auf den Plätzen vier und fünf. Belgien bestätigte mit dieser Leistung seine Entscheidung, auf einen reinen Sprintzug zu setzen. Die Europameisterschaft wurde diesmal nicht durch Steigungen, Kopfsteinpflaster oder Chaos entschieden, sondern durch Geschwindigkeit, Organisation und Nervenstärke.
2023 – Drenthe (Niederlande)
Das Rennen in Drenthe wurde zu einer Prüfung der Zermürbung: Wind, Schotter und ständige Anstiege zum Col du VAM forderten die Fahrer bis an ihre Grenzen. Der Franzose Christophe Laporte attackierte zwölf Kilometer vor dem Ziel und verteidigte auf den letzten VAM-Passagen einen knappen Vorsprung. Wout van Aert und Olav Kooij jagten vergeblich – Laporte krönte sich zum Europameister, Van Aert und Kooij komplettierten das Podium.
Frankreich zeigte taktische Perfektion: Gefahr kontrollieren, auf den Anstiegen dosieren, dann im entscheidenden Moment beschleunigen. Für Laporte war es der Höhepunkt seines Aufstiegs vom Edelhelfer zum Anführer – und für das Feld ein Lehrstück, wie ein kurzer, steiler Anstieg ein 200-Kilometer-Rennen in ein einstündiges Cyclocross-Spektakel verwandeln kann.
2022 – München (Deutschland)
Die Strecke von Murnau nach München versprach ein Rennen für die Sprinter – und genau so kam es. Mutige Ausreißer wurden auf den letzten Kilometern gestellt, bevor das Feld in die entscheidende Phase einbog. Die Niederländer fuhren kontrolliert für Fabio Jakobsen, der sich in einem perfekt getimten Sprint gegen Tim Merlier und Arnaud Demare durchsetzte.
Jakobsen bewies einmal mehr seine Explosivität und das taktische Geschick der niederländischen Mannschaft. Ohne Wind, Kopfsteinpflaster oder Chaos entschied in München das Timing: das richtige Hinterrad wählen, die Ellbogen vermeiden, den Sprint im perfekten Moment eröffnen.
2021 – Trient (Italien)
Trento forderte mit einer Mischung aus langen Tälern und einem selektiven Stadtkurs die Vielseitigkeit der Fahrer. Über acht Runden mit dem Povo-Anstieg hielt Belgien mit Remco Evenepoel das Tempo hoch, bis sich das Feld schließlich teilte. Doch Sonny Colbrelli, in absoluter Topform, ließ sich nicht abschütteln.
Im Finale zeigte Colbrelli eine taktische Meisterleistung, wartete geduldig ab und zog im richtigen Moment an, um Gold zu holen. Benoit Cosnefroy sicherte sich Bronze. Nach 179,2 Kilometern und mehr als 3.400 Höhenmetern siegte der Fahrer, der sowohl klettern als auch sprinten konnte – ein Rennen, das Evenepoel nur knapp den Titel kostete.
2020 – Plouay (Frankreich)
Im pandemiegeprägten Jahr 2020 sprang Plouay kurzfristig als Gastgeber ein und bot einen hügeligen Kurs in der Bretagne. Italien trat mit einem klaren Plan an: das Rennen kontrollieren und Giacomo Nizzolo in die perfekte Position bringen. Nach einer Serie von Attacken und Kontern setzte sich das italienische Team durch, Nizzolo gewann den Sprint mit einem halben Rad Vorsprung vor Arnaud Demare, Pascal Ackermann wurde Dritter.
Der Erfolg bestätigte Nizzolos Status als schnellster Sprinter Europas und bescherte Italien den dritten EM-Titel in Folge nach Trentin (2018) und Viviani (2019). Ein Sieg, der nicht nur für seine Präzision, sondern auch für das italienische Kollektivgefühl in Erinnerung blieb.