„Zu wenig Zeitfahren, zu wenig Druck" - Belgische Radsport-Legende über die Tour de France 2026

Radsport
Samstag, 25 Oktober 2025 um 20:00
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Die neu vorgestellte Strecke der Tour de France 2026 sorgt bei belgischen Radsportlern für Frustration und Unverständnis. Ihrer Meinung nach haben die Organisatoren eine seltene Gelegenheit verpasst, Tadej Pogacar mit einem ausgewogeneren Parcours ernsthaft zu testen.
Das Rennen beginnt mit einem 19,7 km langen Mannschaftszeitfahren in Barcelona, doch das Einzelzeitfahren – ein 26 km langer Anstieg von Évian-les-Bains nach Thonon-les-Bains – ist zum zentralen Streitpunkt geworden. Belgische Analysten kritisieren, dass das Fehlen eines längeren, flachen Zeitfahrens Pogacar stark begünstigt und Remco Evenepoel zu wenig Spielraum lässt, um seine Weltklassefähigkeiten gegen die Uhr voll auszuspielen.

"Sechsundzwanzig Kilometer sind viel zu wenig für unseren Remco"

Im Gespräch mit Het Nieuwsblad sparte der ehemalige Profi und heutige Experte Dirk De Wolf nicht mit Kritik. „Sechsundzwanzig Kilometer sind viel zu wenig für unseren Remco“, sagte er. „Zu unserer Zeit hatten die Grand Tours mehr als hundert Kilometer Zeitfahren. Heute dauern diese Etappen kaum noch zwanzig oder dreißig Minuten.“
De Wolf beklagte die Verschiebung des Schwerpunkts weg von Ausgewogenheit hin zum reinen Spektakel. „Sie sagen, sie wollen es bis zum Ende spannend halten, aber das ist Unsinn“, fügte er hinzu. „Die Fahrer machen das Rennen, nicht die Strecke. Wenn man wirklich mehrere Teilnehmer haben will, muss man mehr Zeitfahrkilometer einbauen. So entsteht ein echter Kampf der Stile – die Kletterer gegen die Spezialisten.“

„Diese Strecke passt noch besser zu Pogacar als zu Evenepoel"

Auch der belgische Nationaltrainer Serge Pauwels äußerte Bedenken und stellte fest, dass der Parcours zwar noch einige Chancen für Evenepoel bietet, insgesamt jedoch stärker auf Pogacars Stärken zugeschnitten ist. „Dieser Parcours passt zu Remco, aber er ist noch besser für Pogacar“, erklärte Pauwels. „Wo kann Remco jetzt den Unterschied ausmachen? Nur im Zeitfahren – und das ist viel zu begrenzt.“
Der ehemalige Lotto-Teammanager Marc Sergeant schloss sich Pauwels’ Kritik an und bezeichnete den Streckenentwurf als „verpasste Gelegenheit“ der Organisatoren, mehr taktische Abwechslung zu schaffen. „Die Tour hat alles andere – ein Mannschaftszeitfahren in Barcelona, frühe Etappen in den Pyrenäen und die doppelte Besteigung der Alpe d’Huez – aber ein langer, flacher Test gegen die Uhr fehlt völlig“, bemerkte er.

Eine Route, die auf Dramatik und nicht auf Ausgewogenheit ausgelegt ist

Für die belgischen Experten ist das Muster klar: Die moderne Tour de France setzt stärker auf visuelle Dramatik und Bergspektakel als auf Ausgewogenheit und Fairness zwischen den Fahrertypen. Während kaum jemand an Pogacars Brillanz zweifelt, sind viele der Meinung, dass sich die Organisatoren erneut zu sehr auf die Kletterer verlassen haben.
Wie De Wolf abschließend betonte, hätte ein längeres Zeitfahren die Dynamik des Gesamtklassements grundlegend verändern können. „Ein Remco in Bestform könnte Minuten auf alle anderen herausholen“, sagte er. „Das wäre ein echter Kampf – ein Kampf zwischen den Bergziegen und den Kraftfahrern.“
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