Die 5. Etappe der Vuelta a España 2025 stellt das Peloton vor seine erste ernsthafte Prüfung im Kampf gegen die Uhr. Auf dem Programm steht ein 24 Kilometer langes Mannschaftszeitfahren. Obwohl das Profil keinerlei Steigungen enthält, werden hohe Geschwindigkeiten erwartet. Dennoch erfordern mehrere technische Passagen volle Konzentration, um gefährliche Fehler oder Stürze zu vermeiden. Auch wenn die Abstände in der Gesamtwertung noch überschaubar sind, könnte jede gewonnene oder verlorene Sekunde in den kommenden drei Wochen den Ausschlag geben. Auf dem Papier gilt Jonas Vingegaards Team Visma | Lease a Bike als klarer Favorit – doch Erfahrungsgemäß läuft nicht immer alles nach Plan.
Die Konkurrenz will sich davon nicht einschüchtern lassen. João Almeida von UAE Team Emirates – XRG zeigte sich zuversichtlich: „Wir sind Profis, solche Disziplinen begleiten uns schon seit der Juniorenklasse. Wir haben sie regelmäßig trainiert und sind es gewohnt, eng zusammenzufahren. Das geht fast automatisch, wir wissen, was zu tun ist.“ Sein Teamkollege pflichtete ihm bei: „Alle im Team fühlen sich gut, das Mannschaftszeitfahren liegt uns grundsätzlich. Wir hoffen auf einen starken Tag – und es wäre fantastisch, das Rote Trikot ins Team zu holen. Die Abstände sind klein, also ist alles möglich.“
Visma stützt seinen Favoritenstatus auf Erfahrung und Tradition. Mathieu Heijboer, Leiter der Performance-Abteilung, erklärte: „Erfolg im Zeitfahren hängt nicht nur von reiner Stärke ab, sondern auch von der Kultur, aus der man kommt. In den Niederlanden wird schon früh Wert auf Zeitfahr- und Teamdisziplinen gelegt. In anderen Ländern weniger, in Großbritannien sogar noch stärker. Aber wir wissen: Es gibt unzählige Dinge, die schiefgehen können.“ Für Vingegaard und seine Helfer geht es daher um Präzision und Abstimmung ebenso wie um pure Wattzahlen.
Auch andere Teams nehmen die Herausforderung ernst. Lidl-Trek geht mit einer gesunden Mischung aus Realismus und Optimismus ins Rennen. Sportdirektor Steven de Jongh betonte: „Wir verfügen über ein starkes Aufgebot für das Mannschaftszeitfahren, doch wir dürfen uns keine Illusionen machen. Die Chancen auf ein absolutes Topresultat sind begrenzt.“ Mit Spezialisten wie Daan Hoole, Mads Pedersen und Søren Kragh Andersen hofft das Team trotzdem, in der Tageswertung weit vorne zu landen.
Bei Red Bull–BORA-hansgrohe achtet man auf die Belastungen der Vortage. Jai Hindley verwies auf den Strapazenfaktor: „Die vierte Etappe war hart, dazu kam der lange Transfer von Frankreich nach Spanien. Diese Umstände haben für Müdigkeit gesorgt. Aber ich vertraue unserer Mannschaft, wir haben die Qualität, um eine gute Leistung zu bringen.“ INEOS grenadiers setzte derweil auf gezielte Vorbereitung. Sportdirektor Christian Knees erläuterte: „Wir sind bewusst früh angereist, um uns einzuspielen und die Abläufe zu festigen. Am Mittwoch nutzen wir die Gelegenheit, die Strecke genau zu besichtigen und unseren Plan festzulegen.“ Die Detailarbeit im Vorfeld soll den Unterschied ausmachen.
Die Organisatoren der Vuelta sind besonders bemüht, Fehler der Vergangenheit zu vermeiden. Das Chaos von Barcelona 2023 steckt noch in den Köpfen. Damals verwandelten Regen, schlechte Sicht und gefährlich glatte Straßen das Eröffnungszeitfahren in eine Farce. Remco Evenepoel, Sieger des Roten Trikots 2022, sprach damals von „super-dunklen“ und „lächerlichen“ Bedingungen. Fahrer, Fans und Teams übten heftige Kritik an Sicherheit und Zeitplanung. In der Folge beschlossen die Organisatoren, künftig bei technischen Etappen keine späten Startzeiten mehr zuzulassen, besonders wenn sie durch Innenstädte führen. Zudem wurde ein umfangreicherer Notfallplan erarbeitet, mit früheren Startfenstern oder angepassten Routen im Falle ungünstiger Wetterprognosen. Die Lektion aus 2023 ist klar: Das Spektakel darf nicht auf Kosten der Sicherheit gehen.
Heute jedoch liegt der Fokus auf sportlicher Perfektion. Wer das Mannschaftszeitfahren dominiert, verschafft sich nicht nur einen psychologischen Vorteil, sondern auch wertvolle Sekunden für die kommenden Bergetappen. Klar ist: Jede Sekunde, die heute verloren geht, könnte auf dem Weg nach Madrid schmerzhaft fehlen. Für die Favoriten um Vingegaard, Almeida und Co. gilt daher die alte Weisheit: Im Mannschaftszeitfahren entscheidet sich oft mehr, als man auf den ersten Blick vermutet.