Remco Evenepoel erlebte auf der 12. Etappe der
Tour de France 2025 ein Wechselbad der Gefühle. 54 Kilometer vor dem Ziel geriet der Belgier in Schwierigkeiten, fiel zurück und ließ das Schlimmste befürchten. Doch der Leader von
Soudal - Quick-Step kämpfte sich eindrucksvoll zurück, überquerte die Ziellinie am Hautacam als starker Siebter – und bewies dabei mehr als nur sportliches Talent.
„Das war phänomenal“, sagte der ehemalige belgische Nationaltrainer
Sven Vanthourenhout in Vive le Vélo. „Zu diesem Zeitpunkt, 54 Kilometer vor dem Ziel, hatte man wirklich Angst, dass er zehn Minuten verliert.“ Stattdessen beeindruckte Evenepoel mit einem couragierten Ritt, fuhr Fahrer um Fahrer wieder auf – und setzte ein klares Zeichen: Er ist gekommen, um zu kämpfen.
Ein Zeichen der Reife – trotz taktischer Fragen
„Es war eine völlige Umkehrung dessen, was wir in früheren Etappen von ihm gesehen haben“, analysierte Vanthourenhout weiter. Während Evenepoel an den Tagen zuvor in schwierigen Phasen oft auf sein eigenes Tempo setzte, suchte er diesmal aktiv den Anschluss. Vor dem letzten Anstieg schloss er sogar zur Spitzengruppe auf – ehe das UAE-Team das Tempo verschärfte und er erneut zurückfiel.
„Das war wirklich bemerkenswert“, betonte Vanthourenhout. „Er hatte anfangs etwas Unterstützung von Ilan Van Wilder und Max Schachmann, aber die Abfahrt und den Schlussanstieg hat er ganz allein bewältigt. Wenn wir über Belastbarkeit sprechen, dann hat er sie in Hülle und Fülle gezeigt.“
Trotz aller Anerkennung blieb Kritik nicht aus. Soudal-DS Klaas Lodewyck musste nach der Etappe einräumen, dass Evenepoel den Hautacam im Vorfeld der Tour nicht besichtigt hatte – eine ungewöhnliche Entscheidung für einen Gesamtklassement-Fahrer. Für Ex-Teamchef Johan Bruyneel ein klares Versäumnis: „Das war ein Fehler. Die erste Bergetappe ist entscheidend. Man muss vorbereitet sein.“
Vanthourenhout jedoch nahm Evenepoel in Schutz: „Wir vergessen Dinge sehr schnell“, erinnerte er an den folgenschweren Wintersturz seines Landsmanns. „In einem normalen Jahr hätte ein GC-Fahrer mit Ambitionen diese Etappe natürlich vorher besichtigt. Aber Remco hatte monatelang mit der Reha zu tun – da muss man Prioritäten setzen.“
Mit seiner Leistung am Hautacam hat Evenepoel jedenfalls unter Beweis gestellt, dass mit ihm zu rechnen ist – auch dann, wenn alles gegen ihn zu sprechen scheint.