Der Giro d’Italia ist traditionell die erste Grand Tour der Saison – und 2025 beginnt er mit einer Premiere: Erstmals in der Geschichte wird eine Grand Tour in Albanien gestartet. Während die zweite Hälfte des Rennens von Bergetappen geprägt sein wird, steckt die erste Hälfte voller Tücken – darunter auch ein Abschnitt, der einem Frühjahrsklassiker gleicht.
Die 9. Etappe gilt als einer der Schlüsselabschnitte der Rundfahrt: eine „Mini-Strade Bianche“. Auf schmalem, unberechenbarem Terrain mit 30 Kilometern Schotterstraßen, kurzen, giftigen Anstiegen und engen Kurven müssen die Fahrer nicht nur physisch, sondern auch taktisch auf der Höhe sein. Hier wird die Gesamtwertung nicht entschieden – aber sie kann ernsthaft erschüttert werden.
Stürze, Defekte, Windstaffeln oder ungünstige Positionierungen können das Klassement durcheinanderwirbeln. Die Favoriten auf das Maglia Rosa werden vorn mitmischen müssen, während Etappenjäger auf ihren Moment hoffen.
Das Ziel liegt in Siena – auf derselben Strecke, die den Klassiker Strade Bianche so berühmt gemacht hat. Der Anstieg über die Via Santa Caterina, mit seinem Kopfsteinpflaster und dem steilen Finale in der Altstadt, verspricht ein packendes Finish und möglicherweise einen der spektakulärsten Tage des gesamten Giro.
Gubbio - Siena, 181 Kilometer
Auch wenn die Fahrer auf der 9. Etappe des Giro d’Italia 2025 nicht das volle Strade-Bianche-Programm absolvieren, wird die Strecke anspruchsvoll genug sein, um für Chaos und Selektion zu sorgen. Zwischen Kilometer 68 und 34 vor dem Ziel erwartet das Peloton ein explosiver Abschnitt: schmale, technische Schotterstraßen mit Anstiegen und Abfahrten – und das alles unter Renntempo.
Auf diesem Terrain kann das Rennen explodieren. Es wird nicht nur vom Zufall oder Pech entschieden, sondern auch durch gezielte Attacken. Spätestens 14 Kilometer vor dem Ziel wird es ernst: Der Colle Pinzuto – nur 450 Meter lang, aber mit 12 % Steigung – ist das perfekte Sprungbrett für späte Angriffe.
Danach folgen wellige Straßen, die kaum Erholung bieten, bevor das Feld das berühmte Finale erreicht: die Ankunft in Siena. Die Piazza del Campo bildet erneut die Kulisse für den Zieleinlauf – ein seltenes Privileg bei einer Grand Tour.
Und natürlich darf das Herzstück nicht fehlen: der steile Anstieg zur Via Santa Caterina mit Rampen bis zu 16 % – ein würdiger Abschluss der ersten Giro-Woche und vielleicht der Tag, an dem sich die Favoriten erstmals ernsthaft belauern oder sogar trennen werden.
Karte Giro d'Italia 2025 Etappe 9
Wetter als Risikofaktor: Regen droht die Etappe 9 zusätzlich zu erschweren
Am Nachmittag wird kräftiger Westwind erwartet – was bedeutet, dass bis zum Beginn der Schotterabschnitte Gegenwind herrschen dürfte. Das könnte Ausreißversuche vorerst erschweren und das Tempo im Feld dämpfen. Doch die größere Gefahr droht von oben: Regen ist sehr wahrscheinlich – und damit steigt das Risiko deutlich. Die ohnehin schon anspruchsvollen Schotterpassagen könnten sich in rutschige, tückische Fallen verwandeln. Besonders die Anstiege auf losem Untergrund werden bei Nässe langsamer, technischer und kräftezehrender – ideale Bedingungen für Fehler, Defekte oder Stürze.
Etappe 9 könnte also nicht nur wegen ihres Profils, sondern auch durch das Wetter zu einem Schlüsselmoment dieses Giro werden.
Die Favoriten: Taktik, Terrain und mögliche
Wende im GC-Kampf
Der Giro d’Italia 2025 erlebt mit der „Mini-Strade Bianche“
einen der unberechenbarsten Tage der Rundfahrt. Schon vor dem Start war klar:
Diese Etappe könnte vieles verändern – vor allem im Kampf um das Maglia Rosa.
Im Gegensatz zu klassischen Eintagesrennen, bei denen sich eine klare
Favoritengruppe formiert, stellt eine Grand Tour andere Anforderungen: Die
Liste der Fahrer, die tatsächlich auf den Etappensieg fahren, ist dünner als
gewöhnlich. Für die meisten Teams steht der Schutz ihrer Klassementfahrer im
Mittelpunkt.
Fahrer wie Mads Pedersen oder Wout van Aert
wären bei voller Form klare Favoriten – doch in der aktuellen Situation ist ihr
Auftrag ein anderer: Helfen, kontrollieren, absichern.
UAE Team Emirates stellt mit Juan Ayuso, Isaac
del Toro, Brandon McNulty und João Almeida gleich vier Fahrer
mit Potenzial für die Gesamtwertung. Doch genau das könnte zum Problem werden:
Auf einer Etappe, die Material, Position und Teamtaktik auf die Probe stellt,
ist ein überladener GC-Plan mit nur wenigen Helfern riskant. Del Toro, ein exzellenter
Fahrer auf gemischtem Terrain, könnte auf dieser Etappe sogar selbst in Rosa
fahren, wenn alles passt. Ayuso wird versuchen, den Schaden zu begrenzen – oder
einen Angriff zu lancieren.
Auch Tom Pidcock sollte man auf der Rechnung haben:
Der Brite glänzte im Frühjahr bei Strade Bianche und kennt diese Art Terrain
aus dem Effeff. Mit einem Rückstand von nur 1:10 auf Rosa ist er ein ernster
Kandidat – sowohl für den Etappensieg als auch für einen größeren Sprung im GC.
Mathias Vacek ist einer der gefährlichsten
Außenseiter in Reichweite der Gesamtführung. Wenn es das Rennen zulässt, kann
er zum großen Profiteur werden.
Die meisten anderen Klassementfahrer werden mit einem Ziel
in die Etappe gehen: den Schaden begrenzen. Der Tag wird hart,
unvorhersehbar – und für 90 % der Favoriten eher ein Test auf Überleben als auf
Angriff.
Die Fluchtgruppe könnte zur echten Chance werden.
Fahrer wie Francesco Busatto, Kevin Geniets, Jon Barrenetxea,
Romain Bardet sowie das Jayco-Trio Paul Double, Felix
Engelhardt und Davide de Pretto dürften motiviert sein. Auch bei
Astana wäre normalerweise mit Angreifern zu rechnen – doch nach dem
Doppelschlag im Klassement liegt der Fokus nun ganz woanders.
Kann Diego Ulissi Rosa verteidigen?
Die kurze Antwort: schwer vorstellbar. Die Etappe ist technisch, hektisch und
fordernd – nicht ideal für einen Fahrer mit schon spürbarer Ermüdung. Aber:
Ulissi liebt kurze, steile Rampen. Ist er zur richtigen Zeit am richtigen Ort,
könnte er das Trikot noch einen weiteren Tag behalten – ehe das Zeitfahren ihn
einholt.
Prognose Giro d’Italia 2025 – Etappe 9
Top-Favoriten:
Tom Pidcock, Mathias Vacek
Weitere Kandidaten:
Isaac del Toro, Egan Bernal, Giulio Ciccone
Außenseiter mit Potenzial:
Mads Pedersen, Francesco Busatto, Jon Barrenetxea, Paul Double, Romain
Bardet, Felix Engelhardt, Primoz Roglic, Juan Ayuso
Tipp: Mathias Vacek
Wie: Solosieg auf dem Schotter