VORSCHAU | Amstel Gold Race 2025 - Pogacar, Van Aert, Pidcock: Das große Duell in Limburg

Radsport
durch Nic Gayer
Sonntag, 20 April 2025 um 14:46
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Am 20. April rollt das Peloton zum dritten Ardennen-Klassiker der Saison – dem Amstel Gold Race. Die traditionsreiche Strecke führt durch das hügelige Limburger Hügelland rund um Valkenburg. Wir werfen einen Blick auf das bevorstehende Rennen.
Wie gewohnt verlangt der niederländische Klassiker vor allem Ausdauer und Cleverness. Lange Anstiege sucht man vergeblich – stattdessen reiht sich auf dem welligen Kurs ein kurzer, giftiger Anstieg an den nächsten. Insgesamt stehen über 3100 Höhenmeter auf dem Programm. Trotz der sanfteren Topografie im Vergleich zu Lüttich–Bastogne–Lüttich oder La Fleche Wallone bleibt es ein Rennen für Klassiker-Spezialisten – von explosiven Puncheuren bis hin zu starken Fahrern der Pflaster-Klassiker.
Mit 256 Kilometern zählt das Amstel Gold Race zu den längsten Klassikern des Frühlings. Die Strecke durchzieht das windige, wellige Limburg – ein echter Ausdauertest. Zwar fehlen die langen Anstiege der Hochgebirge, doch die zahlreichen, kurzen Rampen machen das Rennen zu einer ständigen Belastung. Es ist der erste der drei Ardennen-Klassiker – und der, der sich am besten für Rouleure und Fahrer eignet, die frisch von den Kopfsteinpflaster-Kampagnen kommen.
Ernsthafte Rennaktionen sind vor der letzten Rennstunde selten. Wer bis zum Finale über Siegchancen verfügen will, muss Kräfte sparen – und das möglichst lange.
Dort, in der entscheidenden Phase, folgt Schlag auf Schlag: Der Gulperberg (47 km vor dem Ziel, 600 m bei 6 %), der Kruisberg (42,5 km; 700 m bei 7,3 %), der Eyserbosweg (40 km; 1,1 km bei 7,6 %), der Fromberg (36 km; 1,7 km bei 3,8 %) und schließlich der Keutenberg (31,5 km; 1,6 km bei 5,2 %) sind die Schlüsselstellen. Hier fallen oft die ersten Attacken – entweder als Vorbereitung auf den Cauberg oder aus dem Wunsch heraus, das Rennen früh zu entscheiden. Jeder Anstieg kann die Vorfavoriten zum Handeln zwingen, denn das Terrain ist schwer zu kontrollieren. Auf den letzten 16 Kilometern dürfte das Rennen vollends explodieren.
Der Cauberg, traditionell das Herzstück des Amstel Gold Race, liegt in diesem Jahr 22 Kilometer vor dem Ziel – und bleibt dennoch eine der zentralen Prüfungen. Die 800 Meter bei durchschnittlich 6,5 % Steigung markieren den Übergang in ein technisch anspruchsvolles Finale. Direkt im Anschluss warten mehrere wellige Passagen, auf denen es schwerfällt, entscheidende Lücken zu reißen.
17 Kilometer vor dem Ziel folgt der Geulhemmerberg (900 m bei 5,7 %), ehe der kurze, aber explosive Bemelerberg (500 m bei 5,6 %) die Fahrer 11,5 Kilometer vor der Ziellinie noch einmal fordert. Einst war er die letzte Hürde – heute ist er eher ein Übergangsmoment, bevor das Finale endgültig eingeläutet wird.
Die Strecke kehrt in diesem Jahr zu ihrem klassischen Schlussakt zurück. Das Ziel liegt wie gewohnt in Berg en Terblijt, doch der entscheidende Anstieg beginnt unmittelbar nach der schnellen Abfahrt vom Cauberg. Knapp zwei Kilometer vor dem Ziel erreichen die Fahrer dessen Gipfel – die letzte realistische Chance für späte Attacken. Sollte sich zu diesem Zeitpunkt noch eine Gruppe vorn halten, bleibt die Zielgerade offen für taktische Manöver.
Das Wetter
Wind & Wetter: Taktische Brise im Finale
Ein wenig Südwestwind wird das Rennen nicht wesentlich beeinflussen, könnte aber in der Schlussphase am Cauberg für Gegenwind und auf den letzten Kilometern für Seitenwind sorgen – ein Faktor, der im Kampf um den Sieg taktisch eine Rolle spielen kann.
Die Favoriten
Tadej Pogacar – Die Frage lautet nicht ob, sondern wie Pogacar gewinnen wird. Mit Helfern wie Jhonatan Narváez, Tim Wellens, Brandon McNulty und Pavel Sivakov hat der Weltmeister alle Voraussetzungen, das Rennen bis zum entscheidenden Anstieg zu kontrollieren. Doch gerade diese Strategie birgt Risiken – Überraschungen sind möglich. Wahrscheinlicher ist ein Angriff aus der Distanz, wie er ihn 2023 erfolgreich demonstrierte. Seine Teamkollegen können dabei Gegenangriffe neutralisieren oder selbst ihre Chancen suchen.
Wout Van Aert – Das Team Visma - Lease a Bike dürfte sich nicht erneut auf einen alleinigen Leader verlassen. Van Aert wird das selbst nicht fordern, und das macht auch keinen Sinn bei einem Rennen dieses Profils. Mit Tiesj Benoot hat das Team eine starke zweite Karte. Beide zeigten bei der Flandern-Rundfahrt Topform. Gegen Pogacar zu gewinnen ist schwierig, aber Van Aert bleibt ein Podiumsanwärter – und Benoot ein wertvoller Joker.
Tom Pidcock – Bei INEOS hat Pidcock freie Hand. Der Druck liegt jedoch nicht auf seinen Schultern, sondern bei anderen Teams. Der Brite zeigte in diesem Frühjahr Topform – etwa bei Strade Bianche und Tirreno-Adriatico. Sollte er dieses Niveau halten, ist ein Top-3-Ergebnis sehr realistisch.
Thibau Nys – Vielleicht kontrovers, aber Nys ist wohl der einzige Fahrer, der derzeit die Explosivität besitzt, um an Pogacar und van der Poel in kurzen Anstiegen heranzukommen. Amstel ist das perfekte Terrain für ihn: keine brutalen Längen, aber viele rhythmische Antritte. Sein Sieg beim GP Miguel Indurain unterstreicht seine Form. LIDL-Trek hat mit Skjelmose, Bagioli, Skujins und Simmons zudem mehrere taktische Optionen.
Remco Evenepoel – Auch ohne Topform ist Evenepoel immer gefährlich. Dieses Profil liegt ihm, und seine Formkurve zeigt nach oben. Sollte er das Finale in Reichweite erreichen, kann er ganz vorne landen. Soudal - Quick-Step bringt mit Schachmann und van Wilder zusätzliche Qualität mit.
Axel Laurance – Der Franzose zeigte im Baskenland, dass er bereit ist für große Aufgaben. Explosiv, jung, ausdauerstark – mit dem Rückhalt von INEOS kann er weit vorne landen. Auch Magnus Sheffield ist ein spannender Außenseiter.
Ben Healy – Ebenfalls zurück in Topform: Healy. Wenn er sich absetzen kann, ist ein Solosieg nicht ausgeschlossen. Seine klassische Taktik dürfte aber schwer durchzusetzen sein. Powless und van den Berg sind weitere EF-Fahrer mit Potenzial für diesen Kurs.
Das Rennen bietet eine hochkarätige Startliste – und viele Fahrer mit glänzender Form. Im Baskenland überzeugten etwa Alex Aranburu, Clément Champoussin und Simone VelascoAußenseiter mit Podiumschancen.
Dazu kommen Akteure aus Paris-Roubaix wie Fred Wright, der wieder an sein Niveau anschließt. Sprinter mit Kletterqualitäten wie Michael Matthews, Corbin Strong oder Quinten Hermans hoffen auf eine selektive, aber nicht zu schwere Finalphase. Teams wie Red Bull (mit Roger Adrià, Finn Fisher-Black, Maxim Van Gils), Tudor (Marc Hirschi, Julian Alaphilippe), Bahrain Victorious (Wright, Buitrago, Bilbao) und Israel-Premier Tech (Strong, Lutsenko, Blackmore) bringen Tiefe und Angriffslust mit.
Zu den weiteren interessanten Namen zählen Bastien Tronchon, Ben O'Connor, Dylan Teuns, Christian Scaroni – sowie erneut Quinten Hermans, der gleich mehrfach auf sich aufmerksam machte.
Prognose Amstel Gold Race 2025:
*** Tadej Pogacar
** Thibau Nys, Tom Pidcock, Axel Laurance, Ben Healy, Jhonatan Narváez
* Mattias Skjelmose, Remco Evenepoel, Tim Wellens, Tiesj Benoot, Max Schachmann, Magnus Sheffield, Neilson Powless, Roger Adrià, Maxim Van Gils, Julian Alaphilippe, Marc Hirschi, Santiago Buitrago, Gianni Vermeersch, Michael Matthews, Clément Champoussin, Alex Aranburu, Simone Velasco
Unser Tipp: Tadej Pogacar
Wie: Ich denke, dass der Slowene in der Tat in der Lage sein wird, aus der Ferne anzugreifen und dort den Unterschied zum Sieg zu machen.
Original: Rúben Silva
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